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Der neue Laufsteg der Welt liegt auf Capri

Inter­view und Bilder: Sal­va­tore Pin­to — Gui­do Lem­bo ist in unseren Bre­it­en­graden kaum ein Begriff. Zum Teil ist er es auch nicht für den ital­ienis­chen Durch­schnitts­bürg­er. Bekan­nt ist Lem­bo jedoch beim Jet Set, der «auf Capri ein und aus­ge­ht, weil er hier ungestört sein und die wohlver­di­ente Ruhe geniessen kann», sagt er gegenüber ensuite-kul­tur­magazin.

Guido Lembo, Capri ist zu einer In-Destination für den Jetset geworden. Vermutlich weil man weiss, dass da Lembo zuhause ist? Mit Deinem Lokal hast Du Dir einen besonderen Namen gemacht …

Ich bin sich­er nicht der einzige, der ein Lokal so fuhrt wie ich es tue. Hin­ter jed­er Ecke gibt es jeman­den, der das gle­iche noch bess­er macht.

Trotzdem: Wenn man von Capri spricht, spricht man von Dir. Offenbar hast du ein Gespür für das, was bei den VIPs ankommt.

Ich hat­te ein gutes Gespür für „Ane­ma e Core“, welch­es heuer bere­its das zwanzigjährige Jubiläum feiert. Zuvor war ich mit meinen Brüdern unter­wegs. Sie sind Musik­er wie ich. Wir kehrten in ver­schiede­nen Lokalen ein, etwa im Capan­ni­na in Forte dei Mar­mi, dem Palaz­zo Corsi­ni in Flo­renz oder Jacky in Rom. 1993 kam dann der Bruch mit ihnen, und ich siedelte wieder zurück nach Capri, wo ich diese Loca­tion fand und darin meine Tav­erne ein­richtete. Heute bin ich stolz auf mein Lebenswerk. Ich kann darin als Gast­ge­ber so richtig auf­blühen.

Es steckt tatsächlich viel von Deiner Seele darin: «Anema e Core» (Seele und Herz) ist womöglich einem neapolitanischen Lied nachempfunden.

Es gibt viele, die glauben, ich hat­te mich für den Namen meines Lokals beim Lied des grossen Can­tau­tore Rober­to Muro­lo bedi­ent. Dem ist nicht so. Ich habe den Titel einzig deshalb gewählt, weil ich darin eine Par­al­lele zu mir selb­st sehe. Ich lebe wie die Seele es mir vorgibt, und tue das was ich mache mit Herz. Und klar: Wenn das Pub­likum das besagte Lied wün­scht, singe ich es natür­lich vor. Das ver­ste­ht sich von selb­st.

Du bist halt ein echter Showman.

Die Leute lieben das Lokal, weil sie wis­sen, dass ich sie alle gerne emp­fange und mich freue, wenn sie mich besuchen. Sie sollen ihren All­t­ag able­gen kön­nen, und das gelingt ihnen auch. Weisst Du: Auch die VIPs sind nur Men­schen, die gele­gentlich ungestört in der Gegend herumziehen und es mal so richtig krachen lassen wollen.

Obwohl der Abend Deiner Lokalgründung bereits zwanzig Jahre zurückliegt, reden die Leute über dieses Ereignis, als ob es gestern stattgefunden hätte. Wie kommt das?

Bei der Eröff­nung kamen so viele Leute, dass ich diese nicht ins Lokal brachte. Ich musste am Fol­ge­tag die Eröff­nung wieder­holen. Mein Lokal war damals völ­lig neu für Capri. Es gehört heute noch zu den Geheimtipps. Dieses Jahr haben wir eine grosse Jubiläums­feier mit der Schaus­pielerin Vale­ria Mari­ni organ­isiert.

Marini ist eines der vielen Sternchen am italienischen Starhimmel. Gibt es weitere Anekdoten aus deiner Welt der Reichen und Schönen?

Uff, da kon­nte ich Dir eine ganze Liste übergeben. Geblieben ist mir der Besuch von Luciano Pavarot­ti. Ich erin­nere mich, als er hier­her kam und zu sin­gen begann. Ich kni­ete zu seinen Füssen, denn es rührte mich zutief­st, ihn mit sein­er mächti­gen Stimme in meinem Lokal neapoli­tanisch sin­gen zu hören. Ich wagte es nicht ein­mal mehr, etwas selb­st zu sin­gen. Beson­ders stolz bin ich aber auf den Besuch des Chirur­gen Chris­ti­aan Barnard, dem ersten Arzt, dem eine Herz­trans­plan­ta­tion am Men­schen gelun­gen war. Als er auf mich zukam und mir seine Hand anbot, zit­terte ich am ganzen Kör­p­er. Wenn ich daran denke, dass diese Hände eine der­art grosse Geste für die Men­schheit voll­bracht hat­ten … unglaublich. Diese und weit­ere Anek­doten kom­men auch in meinem kür­zlich erschiene­nen Buch vor.

Worin du unter anderem auch über deine Schicksalsschläge berichtest.

Ich bin zweimal wiederge­boren. Ich hat­te Krebs. Es ging mir eine Zeit­lang nicht gut. Heute bin ich wieder auf dem Damm. Ich danke Gott und mein­er Fam­i­lie, dass ich heute sagen darf, dass es mir gut geht. Ich habe viel Unter­stützung erfahren in dieser schwieri­gen Zeit.

Italien steckt in der Krise. Wie steht es um Capri?

In Capri gibt es keine Krisen. Es ist der einzige Ort, wo du mit teuren Arm­ban­duhren und Gold­ket­ten durch die Gäss­chen spazieren kannst und wo Dir nie­mand etwas anhat. Es ist eine ruhige Insel. Was mich stört, sind die vie­len Tages­touris­ten. Es sind dies zehn­tausend pro Tag! Das sind zu viele für eine der­art kleine Insel wie die unsere. Man musste die Besuch­er­ströme kontin­gen­tieren. Anson­sten riskieren wir, das aus dem Eiland eine typ­is­che Touris­ten- und Par­tyin­sel wird. Das wäre schade, denn als Bewohn­er von Capri liegt mir viel an den Tra­di­tio­nen, die wir hier pfle­gen. Natür­lich macht es mich auch stolz, wenn ich sehe, wie viele Men­schen ihr Inter­esse an unser­er Insel bekun­den. Sie sollen sich selb­stver­ständlich an der Schön­heit und der Natur erfreuen dür­fen.

Hast du denn auch Probleme mit deinem Lokal?

Natür­lich. Mich stören die ewigen Kon­trollen der Polizei. Da die Lokale auf Capri klein sind, fall­en diese Uni­formierten speziell auf. Für einen Touris­ten ist es nicht schon, zu sehen, dass vor einem Lokal Uni­formierte ste­hen. Eh, ja, das schädigt unser Geschäft. Wir sind hier in Capri, wo alles schon und ruhig sein sollte. Wenn wir unsere Lokale ander­swo hat­ten, kon­nte ich das sog­ar ver­ste­hen.

Du riskierst Dein Ansehen, vermute ich mal.

Natür­lich. Die Liste mit jenen Berühmtheit­en, die mich besucht haben, ist riesig. Daher ist ein guter Ruf wichtig.

Bei wem geniesst Du diesen guten Ruf?

Dolce & Gab­bana, Nao­mi Camp­bell, Thron­fol­ger und Indus­trielle – und natür­lich dem Fuss­ball­club Napoli. Ich bin ein riesen Fan, umso mehr war ich begeis­tert, dass die Jungs auf die Insel kamen und bei mir einkehrten. Im Juli bin ich sog­ar aufs Fes­t­land gefahren, um die Mannschaft bei ihrem Auswärt­strain­ing zu begleit­en. Inter­view mit Gui­do Lem­bo, Inhab­er des In-Lokals Ane­ma e Core auf der Sudi­tal­ienis­chen Insel Capri und Autor der kür­zlich erschienen Auto­bi­ografie „Tut­to com­in­cio cosi” (Red: so fing alles an).

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Artikel online veröffentlicht: 15. Juni 2016