Why? … Wie es mir gefällt!
(Lionel Illbich) Gute Kunstakquisitionen basieren auf persönlichen Vorlieben. Der normative Anspruch der Urteilskraft der Kunstkritik, der es nur darum ging, eine Position durchzusetzen und Abweichungen davon zu ignorieren, vermag daran nichts zu ändern. Der Niedergang der Kunstkritik ist das Symptom dieser zunehmenden Regellosigkeit der Gegenwartskunst. Immer schwieriger wird es, eine Kunstwelt einzuschätzen, die sich geografisch ausdifferenziert und die die Kunstgeschichte mit der Begriffsbildung World Art History zu analysieren versucht. Dies gelingt nicht. In Zeiten der Globalisierung setzt sich eine gegenläufige Tendenz durch. Je mehr sich das System ausdehnt, desto stärker ist die Rückanbindung an spezifische Positionen, die zusammen keinesfalls ein Ganzes bilden. Längst sind unterschiedliche Kulturen der Kunst entstanden. Es gilt nicht mehr der vorwärts gerichtete Anspruch der Avantgarde. Es sind die Mille Plateau im Deleuz’schen Sinne die unabhängigen Inseln, die nicht überall auf die gleiche Akzeptanz stossen, und nicht überall gleich gedeutet werden wollen.
Schon länger reagieren Käufer und Sammler auf diese Situation mit Strategien persönlicher Vorlieben. Ob Christian Boros, Werber und Besitzer eines Privatmuseums in einem Berlin Bunker, behauptet er kaufe nur Kunst die er nicht versteht oder der Hamburger Mäzen und Anwalt Harald Falkenberg, der eine ehemalige Fabrikhalle im schmuddeligen Süden der Stadt mit agressiver deutscher und amerikanische Kunst ausstattet. In beiden Fällen gilt: Wie es mir gefällt!
Rigassis programmatische Ausstellung mit dem abgewandelten Shakespeare Titel nimmt sich dieser Problematik an. Zu sehen sind Exponate, die auf den ersten Blick zwar nicht zusammenpassen wollen, denen aber eine spontane Anziehungskraft eigen ist: die Wachsbilder von Patrick LoGuidice, der seit Jahren mit der Technik der Enkaustik an Panoramen zwischen süditalienischen Lebenswelten, Madonnendarstellungen, Filmstars und urbanen Zyklen arbeitet. Andreas Reichlin der sich des Ready Mades bedient und diese Methode weiterentwickelt, industriell gefertigte Abwasserrohre zerschneidet und in aufwändigen Verfahren verbiegt und damit einen klugen Kommentar auf die Normdiktatur der westlichen Zivilisation abliefert. Entblössung bis zur Selbstaufgabe, die existentielle Spezialität von Jürgen Klauke, der mit einem Portrait in düsterer Atmosphäre vertreten ist, eine Landschaftsaufnahme von Bruno Vautrelle, so grell als habe gerade der Blitz eingeschlagen, Gaudenz Signorell, der Graubündner mit den verschiedenen Heimaten, Paris Rom und immer wieder Indien, der die Stimmungen des Ortes mit einer Mischung aus der Malerei, der Fotografie untersucht oder Marie-Jo lafontaine, die mit ihrem Titel Lost Paradise die Unwirtlichkeit der Städte anklagt, in denen das Pflanzlich-organische auf die Dekoration des Abstandsgrün zwischen Fahrbahnen reduziert ist.
Why? … Wie es mir gefällt! ist ein weites Feld künstlerischer Entwürfe, die in ihrer Verschiedenheit subversiv der Deutungshoheit einer normativen Kunstbetrachtung entgegenwirken, gerade das lässt diese Positionen so umso stärker wirken.
Raphael T. Rigassi
Münstergasse 62
CH-3011 Bern, Switzerland
Tel. (031) 311 69 64
E‑mail: | rigassi@bluewin.ch |
Internet: | www.swissart.net/rigassi |
AGS — Art Galleries Switzerland | |
Öffnungszeiten: | NEU |
Di: | 15.00 — 18.30 Uhr |
Mi — Fr: | 11.00 bis 13.00 Uhr |
15.00 bis 18.30 Uhr | |
Sa: 01.11.–01.06. | 10.30 bis 16.00 Uhr |
Sa: 2.06.–30.10. | 10.30 — 14.00 Uhr |
oder nach telefonischer Vereinbarung |