• zurück

21 Jahre Galerie Rigassi – und noch viel mehr

Bild: Aus der Ausstel­lung der Galerie Rigas­si
BB/F 212/1 // Balthasar Burkhard
Japan Kumano, 2005
gela@n sil­ver print on baryt paper, iron frame
84 x 180 cm

Von Bern­hard Bischoff — Wird man ange­fragt über die Arbeit eines Kol­le­gen zu schreiben, so kann das dann wie ein Nachruf tönen. Doch alles andere ist hier ange­bracht: ein Rück­blick und ein Aus­blick auf das Weit­erbeste­hen ein­er über 20-jähri­gen Bern­er Kun­stin­sti­tu­tion. Wenn ich als junger Mann die Mün­ster­gasse im linken Lauben­gang Stadt abwärts flanierte, blieb ich oft vor den Schaufen­stern ein­er Galerie ste­hen. Drin­nen sass ein ele­gan­ter Herr am Tisch, geschäftig am Tele­fon gestikulierend oder über den Com­put­er gebeugt – stets den oblig­at­en Zigar­il­lo in der Hand. Das sei «Rigas­si», hiess es. An den Wän­den hin­gen Grössen, die ich aus der Zeitung kan­nte: Penck, Rain­er und wie sie alle hiessen. Reinge­traut habe ich mich nicht.

Später, als ich sel­ber meine Galerie eröffnete, war «Rigas­si» ein­er von denen, die mich sehr warm im Vere­in Bern­er Gale­rien emp­fan­gen haben.

Rigas­si ist ein gewiefter Geschäfts­mann und Galerist. Uner­müdlich hat er sich für Bern und die Kun­st in Bern einge­set­zt. Er fand Kün­stler Innen gut – oder schlecht. Die «Guten» pflegte und hegte er, für die anderen inter­essierte er sich nicht. Aber nicht nur die Zusam­me­nar­beit mit den Kün­st­lerIn­nen und KundIn­nen erfüllte ihn, nein, darüber hin­aus engagierte er sich für Pro­jek­te, die den Galerier­ah­men sprengten. Unvergessen bleiben seine Aktio­nen auf dem Mün­ster­platz und in der Mün­ster­gasse – etwa im ver­gan­genen Jahr mit der grossen Wass­er-Instal­la­tion von Julius Popp. Er war aber auch Mit-Ini­tiant der Skulp­ture­nausstel­lun­gen in der Vil­la Met­tlen in Muri bei Bern. Als Präsi­dent des Vere­ins Bern­er Gale­rien set­zte er neue Impulse – und half mit seinem uner­müdlichen Ein­satz für Spon­sor­ing mit, dass ambi­tion­ierte Pro­jek­te, wie das Bern­er Gale­rien-Woch­enende, über­haupt stat­tfind­en kon­nten. Immer ein Ver­fechter der kri­tis­chen Kul­turberichter­stat­tung unter­stützte er von Anfang die neue Kul­turzeitschrift «ensuite», und set­zte als Mit­grün­der des «R&R»-Preises für Kun­stjour­nal­is­mus ein klares Zeichen für junge Medi­en­schaf­fende im Kul­turbere­ich.

Er, der erst mit 51 Jahren beschloss Galerist zu wer­den, fand nach 21 Jahren Arbeit und gegen 150 Ausstel­lun­gen und Messe­beteili­gun­gen mit über 120 Kün­st­lerIn­nen, er möchte nun ein biss­chen kürz­er treten. Rigas­si wäre nicht Rigas­si, wenn er nicht auch diesen Schritt minu­tiös geplant hätte. Er hat­te ver­schiedene Ange­bote seine Galerie abzugeben; entsch­ied sich jedoch, eine Lösung in Bern zu organ­isieren. Er wollte noch mit einem Bein in seinem zweit­en Lebenswerk (das erste, ein Erfol­gs­geschäft im Bere­ich Lifestyle, gab er ja für die Galerie auf) aktiv bleiben – das hät­ten wohl andere Über­nah­mein­ter­essierte nicht gewollt. Mit der aktuellen Präsi­dentin des Vere­ins Bern­er Gale­rien, Mar­i­anne Reich, fand er eine Nach­fol­gerin, die bere­it war, sich auf das Exper­i­ment mit Rigas­si als «Kura­tor» der Galerie einzu­lassen. Gut für Rigas­si, gut für Bern. Uns bleibt so ein unkon­ven­tioneller Quer­denker, ein (Raphael möge mir den Aus­druck verzei­hen) «Kun­st-Queru­lant» – aber vor allem und in erster Lin­ie ein Kun­st- und Kün­st­lerIn­nen­fre­und erhal­ten – hof­fentlich noch lange.

Bern­hard Bischoff: Wieso hast Du eigentlich eine Galerie eröffnet, nach­dem Du doch sehr erfol­gre­ich im Bere­ich Mode und Styling tätig warst?
Raphael Rigas­si: Ich war im Job sehr einges­pan­nt – und fühlte mich irgend­wie aus­ge­bran­nt. Immer schon inter­essierte ich mich für Kun­st und sam­melte lei­den­schaftlich Werke, etwa der «Neuen Wilden». Ich fand einen Käufer für mein Geschäft und dachte mir, dass eine Galerie doch genau das Richtige für mich sei.

Du kan­ntest etliche Kün­st­lerIn­nen als deren Samm­ler – wie ging das denn mit der Suche nach geeigneten Kun­stschaf­fend­en?
Ich rief etwa Arnulf Rain­er an und fragte ihn, ob er mit­mache – Ja. A.R. Penck – Ja. Und so ging es weit­er – und mein erstes Pro­gramm war zusam­men. Ich musste natür­lich viel ler­nen, habe viele Fehler gemacht; aber das brachte mich weit­er und motivierte mich, noch inten­siv­er zu arbeit­en. Ich schätzte es immer, mich mit Kol­legIn­nen auszu­tauschen, mit den Kün­st­lerIn­nen auch zu feiern – mit den meis­ten habe ich noch heute eine super Beziehung.

Du bist doch als pick­el­har­ter Ver­hand­lungspart­ner bekan­nt und gefürchtet?
Ja, wenn ich mich für eine Sache ein­set­zen kann, etwa Spon­soren suchen für den Vere­in Bern­er Gale­rien oder Samm­lerIn­nen von meinen Kün­st­lerIn­nen überzeu­gen, dann kann ich schon forsch auftreten. Aber im Inner­sten bin ich der unsichere, selb­stkri­tis­che Raphael, der immer das Beste will – und dann auch schlecht mit Kri­tik umge­hen kann.

Was sind denn Deine schön­sten Erin­nerun­gen an 21 Jahre Galeri­etätigkeit?
Ui, da gibt es viele. Ich fand es immer wichtig, mich via Kun­st für andere einzuset­zen – so zum Beispiel anlässlich ein­er Bene­fizauk­tion zugun­sten von «Frag­ile Suisse». Die prä­gen­den Momente mein­er Arbeit waren aber ein­fach die wun­der­baren Begeg­nun­gen mit den Kün­st­lerIn­nen, die Gespräche mit KundIn­nen und mit Galeriebe­sucherIn­nen. Dass ich mit mein­er Frau Bar­bara eine ver­ständ­nisvolle Part­ner­in und Mit­stre­i­t­erin an mein­er Seite habe, ist ein gross­es Glück.

Nun wirst Du «Kura­tor» Dein­er Galerie, die nicht mehr Deine Galerie ist. Wie wird das gehen?
Mit Mar­i­anne Reich fand ich eine Nach­fol­gerin, die bere­it ist, in Zukun­ft mit mir zusam­men zu arbeit­en. Ich freue mich auf den Aus­tausch; aber auch darauf, nicht mehr für alles ver­ant­wortlich sein zu müssen. Mein «Kind», meine Galerie ist in guten Hän­den – und wird auch in Zukun­ft aktiv sein für einen tollen Kun­st­stan­dort Bern.

*) Bern­hard Bischoff (*1973) arbeit­ete als freier Kura­tor, Pub­lizist und Kul­tur­man­ag­er, ist seit 2001 Galerist mit eigen­er Galerie und ab 1. Dezem­ber zusät­zlich Part­ner der renomierten Galerie Korn­feld, welche näch­stes Jahr ihr 150-Jahr-Jubiläum feiert.

Artikel online veröffentlicht: 10. Dezember 2013 – aktualisiert am 18. März 2019