Von Lukas Vogelsang — Als Mitglied der Organisation der Berner Kulturkonfrenz, ist meine Sicht über das Vorgehen und das publizierte Grobkonzept natürlich etwas voreingenommen. Allerdings bin ich beruflich der Neutralität verpflichtet und genau das war in dieser Arbeit wichtig, erwünscht und ist mir wohl auch gelungen.
Zu dritt, zusammen mit Carola Ertle und Bernhard Giger, haben wir die Konferenz-Plattform gebaut, die Strukturen und Grenzen gezeichnet, der inhaltliche Rest — das eigentliche Material für das Konzept — kam von den Kulturschaffenden, von der Szene selber. Unser Wille, ein Grobkonzept zu liefern war da — aber nicht die Vorstellung, wie dieses auszusehen oder zu funktionieren hatte. Insofern haben wir nie jemanden instrumentalisieren müssen — darüber bin ich sehr froh. Und diese Kommunikation, diese Sitzungen und das Zusammenstellen der Informationen für diese Konzeptarbeit waren unheimlich einfach. Wirklich schwierig wurde es, das Vertrauen der Berner Kultur, der Politik und den Organisationen zu gewinnen. In diesem Punkt bin ich mir auch noch nicht sicher, wie weit uns dies gelungen ist. Zwar war die Veranstaltung, die 1. Berner Kulturkonferenz vom 6. März, ein Überraschungserfolg. Mit über 200 anwesenden Personen und über 250 Anmeldungen wurden unsere Erwartungen weit übertroffen. Ebenso die Fachgruppenbildung danach, die vertieften Gespräche, gingen mit rund 40 Beteiligten effizient und konstruktiv voran. Warum hatte man diesen Prozess nie früher gemacht? Was hat die Berner Kultur daran gehindert, selber hinzustehen und über Inhalte zu diskutieren? Wenn ich so zurückblicke, ist das für mich sehr unverständlich.
Es war immer meine Erwartung, dass die Abteilung Kulturelles einen solchen Prozess selber einberufen würde. Diese Kritik wird auch noch lange nachhallen, denn zur Zeit geht in der Präsidialdirektion in Sachen Kultur alles schief. Man ist versucht, den Schaden zu bregrenzen, doch eigentlich ist klar: Die Abteilung Kulturelles hat den Faden zur Kultur verloren und ist irgendwie ausser Kontrolle. Erst unter Druck zeigen sich der Stadtpräsident und die Abteilungsleiterin für Kulturelles willentlich engagiert — jedoch zu spät. Insofern ist es vielleicht ein Rettungsring, dass die Berner Kulturkonferenz jetzt brauchbares Material für ein Kulturkonzept liefert. Wir verstehen unsere Arbeit auch in erster Linie als Antwort auf die Aufforderung von Veronika Schaller, dass die Kultur für Visionen zuständig sei. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Zumindest in einer ersten Form. Jetzt geht es darum, dieses Material und noch weiteres zu einem gemeinsamen und stolzen Kulturkonzept für die Stadt Bern zu schmieden. Und es ist sicher auch nicht falsch anzunehmen, dass für die Präsidialdirektion jetzt die beste Chance da ist, das verpfuschte Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Wenn der Ball von den Verantwortlichen ernsthaft aufgenommen wird und wir uns Zeit verschaffen, damit wir seriös eine gemeinsame Zukunftsplanung anpacken, dann könnte sich die Situation in Bern zum Guten wenden. Die Kulturszene hat geantwortet. Ab jetzt ist wieder die Politik gefragt und muss entscheiden, wie es weitergeht. Geld spielt dabei weniger eine Rolle — wir brauchen erst einen Sinn, dieses auszugeben.
Download: Kulturstadt Bern, Grobkonzept, Grundlagen für ein neues Kulturkonzept 2016 — 2019