Von Lukas Vogelsang - Und wieder diese Neujahrsgeschichte, mit der Illusion, dass sich irgendetwas verbessern wird. Am Liebsten ganz von alleine, ohne unser dazutun. Doch man bedenke, die Zeit hat vielleicht einen Anfang gehabt, ein Ende bisher noch nie. Mit der Geschichte verhält es sich gleich. Zeit verheilt keine Wunden, Zeit und Geschichte bleiben bestehen, nur wir vergessen. Und die Geschichte geht weiter irgendwann wird jemand daran erinnert werden. Irgendwie.
Ich wünsche mir für dieses Jahr, dass wir erkennen, dass wir die Erbauer unserer Leben und wir auch für deren Erträglichkeit selber zuständig und verantwortlich sind. Es gibt keine Krise, die nicht wir selber schaffen, es gibt keine Kriege, die nicht wir selber führen, es gibt keine Zigaretten, die sich uns von selber in den Mund schieben. Und keine Gottheit kann uns behilflich sein — wir sind es, welche ihre Worte verstehen oder nicht verstehen wollen. Vielleicht nehmen wir uns in diesem Jahr mal etwas weniger wichtig und bedenken, dass uns die so hoch gelobte Existenz Mensch dahin geführt hat, dass wir einander kaum noch ein Lächeln schenken können.
Mit der jährlichen Erinnerung, dass es nur weiter geht und wir älter werden, habe ich festgestellt, dass meine Fragen an das Leben mit jedem Jahr zunehmen. Diese Neugierde ist was Gutes. Doch mich erschreckt, dass mir im Verhältnis zu den Fragen immer weniger Antworten und Lösungen angeboten werden. Es scheint, dass wir den Evolutionsprozess umgekehrt haben. Wir laufen verkehrt und lernen immer weniger. Haben wir unsere Leben noch im Griff?
Vor genau einem Jahr starteten wir unsere erste Ausgabe mit dem Film über Andy Goldsworthy. Die Dokumentation zeichnet ein schönes und einfühlsames Bild über die Idee des Künstlers, die Welt zu erkennen. Sein feines Gespür für natürliche Zusammenhänge und die Art, wie er diese künstlerisch umsetzt, könnten wir uns sehr wohl noch einmal zu Herzen nehmen. Der Film ist pünktlich und passend — ein Jahr danach als DVD erhältlich!
Und so wünschen wir ein gutes Weitergehen in die Zeit, in den nächsten Zeitabschnitt. Gehen wir einen nächsten Schritt weiter… zusammen.
ensuite, Januar 2004