Von Lukas Vogelsang - Glamour und Highsociety ist den Bernerinnen und Berner eher ein Fremdwort. Das Bierhübeli, welches als einziger Klub und Veranstaltungsort ein richtiger Berner-Yuppitreff sein könnte, sucht nach Publikum, während unser Kultursekretär der Stadt Bern am Liebsten im Winter in der Reitschule auf einer Kleineisenbahn herumfahren würde. Wir Berner fahren Velo, nicht BMW und den Kaffee trinken wir am liebsten in alten Parteispelunken. Ins Theater kann man noch in normalen Kleidern — das Deux-Piece bleibt im Schrank und die Motten erfreuen sich am Frack. Von einer Weltstadt haben wir wenig, ein Messeplatz sind wir auch nicht und unser Kulturund Kunstverständnis hört beim Lesen vom Veranstaltungskalender auf. Gut möglich, dass uns das Paul Klee Museum wenigstens den Tourismus rettet. Die Trendmagazine und Lifestyle-Beilagen rapportieren uns täglich unser Fehlverhalten, doch der und die Berner bleibt auf Kurs. Vielleicht zum guten Glück.
Beim Kulturschnüffeln entdecke ich aber immer wieder ein anderes Bern. Wir haben viele wohlbehütete Geheimnisse hier, welche wir nicht oder noch nicht preisgegeben haben und welche es zu entdecken gilt, um unsere Berner-Identität diskutieren zu können. Dieses Suchen nach einem kulturellen Bewusstsein, hat sich ensuite — kulturmagazin zum Ziel gesetzt. Wir werden versuchen, Themen zu beleuchten und neue kulturelle Berner Geschichten, die zu unserem Alltag gehören, zu finden. Nach über einem Jahr nun ist dieses Heft selber zu einem Stück Kultur geworden, entstanden aus der Stadt Bern. Eigentlich schade, dass eben diese Stadt sich gegen uns stellt und uns nicht unterstützen kann. Gehört wohl auch zu unserer Kultur — glamourös ist es aber auch nicht.
ensuite, März 2004