Von Lukas Vogelsang – Das war’s also. Die neue Kulturstrategie von Bern ist angenommen worden und damit eine grosse Lüge einer solidarischen Gesellschaft. Alle scheinen glücklich, doch das stimmt nicht: Zu viele Fragen waren offen — und niemand wagte, danach zu fragen. Nur jene, die keine Subvention erhalten, haben den Mund geöffnet, und jene, die den Preis für das Schweigen der anderen bezahlt haben. Die VeranstalterInnen waren alle bereit, das Kornhausforum zu opfern, um die eigene Haut zu retten. Einige haben mir bestätigt, dass sie nichts sagen, weil sie befürchten, dass zum Ende gar ihnen das Geld gestrichen wird. Was für ein Kulturverrat. Ich schäme mich für Bern.
In der Berichterstattung zeigten die «grossen» Zeitungen Mühe mit der Thematik: So war «Der Bund» sehr verwirrt und unlogisch in der Linie, stellte sich hinter die Kultur-Protagonisten und rückte damit jene in den Vordergrund, welche auf die Zeitung zugegangen sind. Eine mutige Eigenrecherche und der fassbare Kommentar fehlte aber. Es wurde ein Weichspülprogramm. Umso tröstlicher, dass die im Kulturellen sonst eher verschriene «Berner Zeitung» im Stadtteil mehrere Kommentare publizierte, die sogar mir die Haare zurückstellten. Mutig und gut, denn es waren unpolemische Zusammenfassungen von der Geschichte, recherchiert, unverblümt, ehrlich und geballt. Trotzdem: Das Material für eine spannende Kulturberichterstattung lag frisch und fertig auf der Hand — unsere Medien haben es trotzdem verschlafen.
Und doch brodelt es in Bern der Medien wegen. Das vermeintlich friedliche Städtchen wankelt mal nicht nur wegen der Presslufthammer: Der «Berner Bär» hat mit dem Abdruck des Artikels «Beruhigungszone Bern» von Paul Engeler («Weltwoche») Anfang März ein Beben ausgelöst — und es gab bedenklich viele positive Zurufe. Auch «Facts» und die «NZZ» gehen mit Bern zurzeit nicht zimperlich um. Die Kluft zwischen Politik und Gesellschaft ist grösser geworden — so scheint’s: Das friedliche Städtchen hat Ratten im Fundament.
Was mich persönlich aber am meisten erstaunte, war, dass der «Berner Bär» diesen Engeler-Artikel abdruckte. Nicht dass ich ein intensiver Leser dieser Zeitung wäre. Aber sonst sind dort immer nur Bildli drin, um Promis zu solchen zu machen, nicht, um jene zu degradieren. Seit längerem beobachte ich, dass die MacherInnen mit diesem fussligen Zeitungsauftrag, eine der innovativsten Zeitungen in Bern gebaut haben. Immer wieder stolpere ich über Sätze oder Hinweise, die ich nie auf diesen Seiten zu finden gewagt hätte. Vielleicht werde ich in Zukunft auch für den Berner Bären rennen. Oder war das was anderes?
Foto: zVg.
Publiziert: ensuite Ausgabe Nr. 52, April 2007