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EDITORIAL Nr. 54/55

Von Lukas Vogel­sang – Som­mer 2007. In den let­zten Wochen haben sich die Ereignisse in Bern über­stürzt. Plöt­zlich ste­ht die Haupt­stadt der Schweiz ohne eigene Zeitung da. Die Espace Medi­en AG ist nicht mehr «bernisch», sie gehört jet­zt zu 80 % der Tame­dia. Damit sind fast alle Medi­en aus dem Kan­ton Bern, Zeitun­gen, Cap­i­talFM und Tele­bärn, in Zürcher Hand. Ich hat­te mich beim Mor­genkaf­fee ver­schluckt. Und wann zügeln sie das Bun­de­shaus? das war mein erster Gedanke.

Bern hat damit den wesentlich grösseren Umbau ein­geleit­et als die EM08-Baustellen, Bahn­hof­s­plätze oder Gasleitungsren­o­va­tio­nen. Eine alte Bern­er-Geschichte geht zu Ende. Und man erin­nere sich an die vie­len Diskus­sio­nen über das «Bern­er Mod­ell» vor eini­gen Jahren. Tja, das ist nun defin­i­tiv gestor­ben aber das weiss man ja auch schon länger. Diese neue Mega­fu­sion hat nur eines im Kopf: Wach­s­tum und Gewinn. Bei­de Unternehmen haben in diesem Jahr fan­tastis­che Zahlen und Gewinne vorgezeigt kein Grund also zu jam­mern. Aber die Lust nach Macht scheint bei der Tame­dia gross zu sein. Bei diesem Grosskonz­ern ist das Herz für die Leser­schaft oder für das Pub­likum schon lange ver­loren gegan­gen. 20-Minuten ist das Vor­bild.

Zürich übern­immt Bern oder auch umgekehrt: San­dro Lunin ver­lässt das Schlachthaus-The­ater und wird kün­st­lerisch­er Direk­tor des Zürcher The­ater­spek­takels. Alles scheint sich momen­tan nach Zürich umzuse­hen. Oder wird Bern jet­zt wirk­lich Zürich-West? Lustiger­weise hat diese Stadt auch in dieser ensuite-Aus­gabe redak­tionell ein gross­es Fen­ster erhal­ten. Das war keine Absicht, son­dern alles Zufall und gibt schlussendlich dur­chaus Sinn.

Tja, aber die Zürich-Attacke war deswe­gen so über­raschend, weil ich sel­ber seit einem hal­ben Jahr weiss, dass ensuite — kul­tur­magazin ab Okto­ber eine Zürich-Ver­sion zu pro­duzieren gedenkt. Kein Witz: Wir bauen aus, damit wir die Bern­er Aus­gabe sub­ven­tion­ieren kön­nen. Bern ist finanziell wirk­lich nicht span­nend. Und im Gegen­satz zu Bern hat uns Zürich ein­ge­laden das Mag­a­zin dort zu pro­duzieren — dies gle­ich mehrmals. Nach dem fün­ften Mal hat­te ich ver­standen. Grund­sät­zlich ändert sich für Bern also nichts. Aber in den näch­sten Monat­en wird’s hier viel Arbeit geben — also schon wieder nichts mit Ferien… Tja, Prosit Zürich ihr kön­nt tat­säch­lich nicht nur Fuss­ball spie­len…


Foto: zVg.

Pub­liziert: ensuite Aus­gabe Nr. 54/55, Juni 2007