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EDITORIAL Nr. 57

Von Lukas Vogel­sang – Auf­takt! Der soge­nan­nte Som­mer schwindet und die Haupt­stadt erwacht wieder in die Nor­mal­ität. Ich stosse mich aber ger­ade an dieser Bern­er Nor­mal­ität: Alles ist so nett, alles so unaus­ge­sprochen nett… Als gutes Beispiel voran geht die Bern­er Prä­sidialdirek­tion: Dort herrschen vor­bildliche und beein­druck­ende Bern­er «Gringe», wenn’s um Unaus­ge­sproch­enes geht: Abfall­ge­bühren, Bauge­suche von Euro08-Uhren und Anzeiger­pos­sen brin­gen momen­tan alle zum Reden — nur die Prä­sidialdirek­tion bleibt still. Dabei gäbe es im Erlacher­hof Juris­ten am Laufme­ter — doch scheinen diese grad in den Ferien zu sein oder man meint in Beam­ten­deutsch dazu: «Das ist nicht meine Auf­gabe.» Wessen Auf­gabe ist es dann? Es gibt doch nur ein Bern, oder?

Bern ist keine Grossstadt. Wir sind klein und man kann uns gut und gerne mit einem Dör­fli ver­gle­ichen. Wir ken­nen uns fast alle irgend­wie. Das soll in keinem Fall eine Abw­er­tung sein — doch mit dieser Erken­nt­nis kann man sich gewisse Ver­hält­nisse zurecht­biegen. Die poli­tis­chen Fah­nen­schwingerIn­nen meinen es mit uns ja eigentlich gut — sind es doch unsere Nach­barn -, doch manch­mal frage ich mich, wen sie mit «uns» meinen. Im neusten Abfall-Fall muss man ziem­lich gründlich über die Büch­er, um einen Sinn und Zweck zu erken­nen — auss­er, dass die Konzepter dieser «neuen Lösun­gen» erfol­gre­ich in die eigene Tasche arbeit­en kön­nen. Und dies wäre nicht das einzige Beispiel.

Diese Per­ver­sion hat der gelbe Riese auf den Punkt gebracht: Wer ein Eis­sta­dion mit seinem Fir­men­na­men benen­nt Helden hät­ten wir ja noch akzep­tiert -, respek­tiert das Pub­likum nicht mehr. Das ist hof­fentlich die lächer­lich­ste und let­zte Som­mer­posse in diesem Jahr. Dem­nach wird der Bahn­hof-Bal­dachin bald als «Tschäp­pu» getauft und das Tscharni wird zur «Fox­town». Die Bern­er wer­den nicht reagieren — ist schliesslich alles ganz nor­mal.


Foto: zVg.

Pub­liziert: ensuite Aus­gabe Nr. 57, Sep­tem­ber 2007