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EDITORIAL Nr. 65 Zürich

Von Lukas Vogel­sang – In Zürich ist kul­turell mal richtig was los. Und natür­lich meine ich damit die Real­satire «Sex-Cast­ing», welche in den Medi­en aufge­taucht ist. Jean-Pierre Hoby, der Zürcher Kul­tursekretär, hat sich im «Tages-Anzeiger» enerviert darüber, dass Dadais­mus eine ern­sthafte Auseinan­der­set­zung sei und ein Sex-Cast­ing im Cabaret Voltaire nichts zu suchen hätte. Nun, ich weiss nicht. Wenn ich die heuti­gen The­ater und Tanzpro­duk­tio­nen anse­he, sehe ich eben­so viel nack­te Haut. Und Dada hat­te viel mit Pro­voka­tion zu tun eigentlich war diese Sex-Episode ein keines Meis­ter­w­erk im Pro­gramm vom Cabaret. Doch die Geschichte nahm abrupt ein Ende und musste ver­lagert wer­den.

Es ging noch weit­er: Wie auf kulturblog.ch zu lesen war, ver­schick­te der Ver­wal­tungsrat des The­ater am Neu­markt welch­es dem ominösen Cast­ing Rau­ma­syl ange­boten hat­te eine Mit­teilung in einem Word­doku­ment, geze­ich­net vom Ver­wal­tungsrat­spräsi­den­ten Thomas Wart­mann. Die Stel­lung­nahme bein­hal­tete eine Dis­tanzierung der Mehrheit des Ver­wal­tungsrates des Neu­markt-The­aters und eine Dif­famierung dessen Direk­tors, der aber sowieso bald seinen let­zten Tag haben werde. Inter­es­sant war das kleine Detail, welch­es kulturblog.ch veröf­fentlichte: Das Word­doku­ment zeigte unter den Doku­menteigen­schaften als Autor «Fam­i­lie Hoby». Die Datei ist auf einem pri­vat­en Com­put­er des Kul­tursekretärs geschrieben wor­den. Es ist irgend­wie unglaub­würdig anzunehmen, dass Herr Hoby dem Her­rn Thomas Wart­mann seinen Com­put­er verkauft hat. Und wenn es so wäre, so würde diese famil­iäre Nähe zum Kul­tursekretär auch einige Fra­gen aufw­er­fen. Ziem­lich blöde Sit­u­a­tion also.

Alles hin­ter­lässt Spuren, irgend­wie. So hat dieses Sex-Cast­ing unge­wollt mehr Geschichte geschrieben und kul­turell mehr bewirkt, als je erhofft wurde: Es wird darüber gere­det! Kaum ein «kul­turelles Event» liess in let­zter Zeit so viele Zeilen in den Tagesme­di­en hän­gen. In ein­er Stadt, welche so viel Pros­ti­tu­tion anzu­bi­eten hat wie Zürich, ist diese Auseinan­der­set­zung vielle­icht gar nicht so schlecht.


Foto: zVg.

Pub­liziert: ensuite Aus­gabe Nr. 65 Zürich, Mai 2008

Artikel online veröffentlicht: 1. Mai 2008 – aktualisiert am 15. März 2024