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EDITORIAL Nr. 71 Bern

Von Lukas Vogel­sang – In all der Krisen­zeit kann ich für ein­mal ein beruhi­gen­des Vor­wort schreiben, vielle­icht hil­ft es. Die Men­schheit wird nicht, wie noch im Som­mer angenom­men, an einem Drit­ten Weltkrieg zu Grunde gehen, son­dern an einem sim­plen Denk­fehler. Die Finanzkrise ist ein Kon­strukt, welch­es auf ein­er falschen Rech­nung aufge­baut wurde. Die Finanzwelt von wegen pro­fes­sionell und genial. Wir wussten es schon immer, es ist alles nur eine Frage der Zeit. Und jed­er Tragik und Desil­lu­sion zum Trotz: Gut so. Solche Sys­teme müssen stürzen, damit die Welt wieder ein Gle­ichgewicht erhält. Die Krise ist eine Chance, keine Tragödie. Wenn die bish­er in Gold gehätschel­ten Banker Pleite gehen, so ist das nur fair — die Mehrheit der Men­schen waren es schon immer. Der Kun­st­markt wird natür­lich darunter lei­den, nicht aber die Kun­st und die Kul­tur sie wird eine neue Wertschätzung erfahren, weil wir unsere Iden­tität vom Fokus Geld wieder auf Men­schlichkeit brin­gen müssen. Lokal statt glob­al, und miteinan­der, nicht gegeneinan­der. Das klingt doch alles gar nicht so schlecht…

Deswe­gen bin ich ges­pan­nt, ob in der unterkühlten Shop­ping­meile West­side die Kino­hallen jemals gefüllt wer­den oder ob wir nicht zurück in die Alt­stadt, in die Wärme der Sand­stein­mauern find­en wer­den. Hier bin ich Men­schen begeg­net, bin bedi­ent wor­den und hat­te nicht das Gefühl, ich werde auf ein wan­del­ndes Porte­mon­naie reduziert. Ich sage hier den Alt­stadt­ladenbe­sitzerIn­nen ein­fach mal «Danke» dafür.


Foto: zVg.

Pub­liziert: ensuite Aus­gabe Nr. 71 Bern, Novem­ber 2008