Von Lukas Vogelsang - Eine Kulturzeitschrift ist mehr: ensuite – Zeitschrift zu Kultur und Kunst steht im 14. Produktionsjahr und ist zum einzigen, nationalen und auflagestärksten Kulturmagazin der Schweiz herangewachsen. Ich hatte bei der Gründung des Verlages nie geglaubt, dass wir länger als zwei Jahre überleben würden. Wir hatten kein Geld, unsere Investition war und ist «Zeit». Damit haben wir mehr erreicht, als all jene, die nur Geld hatten. Als wir 2003 starteten, war alles einfach. Das änderte sich rasch: Jeden Monat, über 13 Jahre lang, jeweils ein neues, spannendes Magazin zu schaffen, welches die Leser und Leserinnen für über zwei Stunden beschäftigt oder unterhält, ist (Kunst-)Handwerk. Diese Kontinuität verdankt ensuite dem langjährigen und perfekt eingespielten Team. Nur zusammen war es möglich, den weiten Weg zu meistern.
Monatlich arbeiten für ensuite über fünfzig Personen, viele von zu Hause aus. Ein Sattelschlepper bringt uns Anfang Monat drei Tonnen Zeitschrift en auf mehreren Paletten in unser Lager. Diese werden dort für die Weiterverarbeitung vorbereitet. Da ist die Kiosklieferung, sind die Postpakete für unsere Veranstaltungs- und Kunstpartner, Partner-Individuallieferungen in die Städte, Grosslieferungen an Messen. Die Abonnentenbelieferung erfolgt direkt durch die Buchbinderei an die Post. Unsere Administration ist das Herzstück des Verlags. Hier vereint sich alles, hier erarbeiten wir die Marketingpläne, verkaufen Werbeplätze und Abonnements, erstellen Redaktionspläne, Einsatzpläne, machen das Layout, pflegen die Abonnentenverwaltung sowie das Archiv, arbeiten an der Buchhaltung, schmieden Partnerschaften und handeln Verträge aus.
«Kultur und Kunst wird immer individuell wahrgenommen, ist emotional und nicht rational fassbar. Deswegen kann es das klassische Leserinnen-/Leser-Profil nicht geben. Wer das berücksichtigt, gewinnt.»
Um das alles bewältigen zu können, benötigen wir eine effiziente Infrastruktur. Das geht über Lagerräume, Hubstapler, Lagerregale, Packmaschinen, einen eigenen Lieferwagen bis zu einem ausgeklügelten Computernetzwerk, Arbeitsplätzen, Büro- und Sitzungsraum. Bei uns sind rund zwölf computerisierte Arbeitsplätze eingerichtet, welche gepflegt und unterhalten werden müssen, ausserdem haben wir zwei Server und mehrere Webseiten, die wir betreuen. Unterdessen sind wir wohl der einzige Verlag, der eine eigene Kultureventdatenbank besitzt. In den Jahren haben wir uns viel Know-how angeeignet, so dass wir fremde Medienproduktionen übernehmen und Bücher, Drucksachen und Webseiten produzieren. Ganz wichtig in unserer Branche ist, dass wir Zeit in die Entwicklung und Recherche stecken. Wir müssen beobachten, wie sich die Medienwelt bewegt, Märkte, Onlinebereiche, Verlagslösungen und Publikationskonzepte erforschen. Und irgendwo parallel dazwischen entsteht der redaktionelle Inhalt, der unabhängig, frisch und dynamisch sein muss. Wir sind ein KMU geworden in einem schwierigen Marktumfeld. Damit meine ich, dass eine vertiefte Auseinandersetzung mit «Kultur und Kunst» nicht alle Menschen spannend finden. Kaum jemand interessiert sich für Punk, Free Jazz, Kino, Kunst und Ballett gleichzeitig. Doch genau diese Durchmischung macht uns zu einem der wichtigsten nationalen und meinungsbildenden Kulturvermittlungsinstrumente. Die Investition «Zeit» in ensuite hat sich bezahlt gemacht.
Lukas Vogelsang
Chefredaktor und Verlagsgründer von ensuite
Der Artikel wurde im Kunsteinsichten, dem gemeinsamen Magazin von Kunstmuseum Bern & Zentrum Paul Klee, Nr. 8, März 2016 publiziert.