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Eine starke Berner Galerienszene

DSC_2872(Offen­er Brief von Car­o­la Ertle Ket­ter­er) — Am Woch­enende vom 12. und 13. Jan­u­ar hat der 24. Gale­rien­rundgang stattge­fun­den. In der «Bern­er Zeitung» wurde gle­ichzeit­ig ein Inter­view mit zwei Galeristin­nen pub­liziert, welch­es Bern jegliche kün­st­lerische Präsenz absprach. Ein Ort, der ohne inter­na­tionalen Flughafen Kun­st-Prov­inz sei. Eine trau­rig blinde Wahrnehmung.

Der Vere­in Bern­er Gale­rien war der erste, der ein solch­es Woch­enende durchge­führt hat – Zürich und Basel haben dies später kopiert. So stolz wie auf diese Tat­sache kön­nen wir auch auf die vielfältige Gale­rien­szene in unser­er Stadt sein. Hier find­en sich ger­ade jet­zt Bern­er Kün­st­ler­grössen und Kün­st­lerin­nen und viele inter­na­tion­al tätige Kün­stler: Pas­cal Danz (Bern/Brüssel) bei Bern­hard Bischoff, Peter Aer­schmann (Bern/Paris) bei Béa­trice Brun­ner, Christi­na Nieder­berg­er (Lon­don) bei Duflon & Racz, die Spuren von James Lee Byars (2008/09 wid­mete ihm das Kun­st­mu­se­um Bern eine grosse Ausstel­lung) bei Krethlow und Steve Miller mit seinem brasil­ian­is­chen Blick auf unsere Umweltschand­tat­en in der Galerie Rigas­si und viele mehr.

Es gibt in Bern einige alteinge­sessene Gale­rien, die beständi­ges Pro­gramm zeigen: Zum Beispiel die Galerie Krebs mit M.S. Bas­t­ian. Eben­so ist die Galerie Hen­ze & Ket­ter­er eine Galerie mit  inter­na­tionaler Ausstrahlung, mit ein­er Fil­iale fast neben der Fon­da­tion Beyel­er in Basel. Und nicht zu vergessen ist die Galerie Korn­feld. Der Videokun­straum zeigt inter­na­tionale Videokun­st. Die Galerie Béa­trice Brun­ner spürt immer wieder Kün­stler und Kün­st­lerin­nen auf, die über­raschen — sie war auch das Sprung­brett für die Kün­st­lerin Julia Stein­er, die nun in Luzern/Peking bei Urs Meile und inter­na­tion­al präsent ist. Und wir sind nicht nur mit Krethlow bis nach Brüs­sel ver­net­zt.

Viele Men­schen haben an diesem let­zten Gale­rien­woch­enende unge­niert Galerieräume betreten kön­nen. Man sah sie disku­tieren, beobacht­en und manch­mal auch rasch wieder ver­schwinden. Die halbe Off-Space-Szene hat sich ori­en­tiert und viele Bern­er und Berner­in­nen und auswär­tige Kün­stler und Kün­st­lerin­nen tax­ierten die Gale­rien und waren begeis­tert.

Wir haben eine reichhaltige, lebendige und anregende Galerienszene mit hoher Qualität in Bern.

Die Bern­er Kun­st- und Kul­turszene, inklu­sive Tanz, Musik, The­ater und Per­for­mance usw., ist all­ge­mein sehr reich­haltig im Ver­hält­nis zur Grösse der Stadt. Ich glaube, so etwas ist ein­ma­lig für eine Haupt­stadt. Das ist keine Prov­inz. So füh­le ich mich hier nicht. Sich­er, einige ziehen nach Zürich – andere kom­men von dort wieder zurück. Oft haben Men­schen die Vorstel­lung, dass es an einem anderen Ort viel bess­er ist: mehr Men­schen, andere Szenen… Nun, jede Szene hat ihre Gefol­gschaft und wenn man diese mal ken­nt, ist sie auch nicht mehr so gross. Bern ist verkehrstech­nisch super erschlossen: Mit dem Zug eine Stunde nach Basel oder Zürich – und dann die Zuge­in­fahrt nach Bern: ein Alpen­panora­ma pur. Let­zthin war ein bekan­nter Ham­burg­er Samm­ler in Bern unter­wegs und war begeis­tert vom Pro­gramm und der schnellen Verbindung Ham­burg-Basel-Bern. Eben­falls die Hochschule der Kün­ste, die er bere­its gut kan­nte, begeis­terte ihn aufs Neue. Ob mit oder ohne grossen Flughafen: Bern ist verkehrstech­nisch wie kün­st­lerisch inter­na­tion­al ver­net­zt und ste­ht in der Kun­st in nichts nach.

Ich finde, man muss sich auf den Ort ein­lassen, in dem man lebt – son­st bleibt einem nur die Möglichkeit, in die grosse weite Welt zu ziehen.

Car­o­la Ertle Ket­ter­er

Artikel online veröffentlicht: 24. Januar 2013 – aktualisiert am 18. März 2019