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“Grundlegende Spielregeln müssen eingehalten werden”

Von Lukas Vogel­sang - (Der Artikel wurde im Sep­tem­ber 2011 veröf­fentlich.) Auf die Gefahr hin, dass sie liebe LeserIn­nen, trotz­dem nichts von dem allem hier ver­ste­hen wer­den: ich ver­suche es so ein­fach wie möglich darzustellen. Seien Sie aber ver­sichert: Diese Dinge sollen nicht gese­hen wer­den. Eine Trans­parenz in der Bern­er Kul­tur­förderung herzustellen, ist regel­recht eine Kun­st­diszi­plin in sich. (Titelz­i­tat von Alexan­der Tschäp­pät, Stadt­präsi­dent Bern)

Der Dis­put zwis­chen der Stadt Bern und mir als Chefredak­tor von ensuite ist bere­its leg­endär. Im let­zten Jahr haben wir von der Stadt Bern grosszügige 30’000.- Franken erhal­ten. Voraus gin­gen aber lang­wierige Buchal­tungs-Sitzun­gen – wir frotzeln jew­eils: «Von einem Käfer zu einem Käfer». Die «Abteilung Kul­turelles» akzep­tierte unsere Käfer-Buch­hal­tung nicht, wün­schte sich eine sep­a­rate Excel-Zusam­men­stel­lung, die exzes­siv ausartete, und zum Schluss, nach ca. acht Monat­en endlich akzep­tiert wurde – mit dem Hin­weis: «Das ist keine Buch­hal­tung, das näch­ste Mal wün­schen wir uns einen Käfer…». Diesen Käfer kon­nten wir umge­hend liefern – es waren die gle­ichen Käfer­kon­ten von uns – ein­fach mit einem anderen Lay­out. Es gab Momente, da wir zu Dritt ver­sucht­en, der Kul­tursekretärin und Ex-Regierungsrätin eine buch­hal­ter­ische Nor­mal­ität zu erk­lären.

Immer­hin – die 30’000.- Franken waren ein Segen, und ich werde mich nicht eine Sekunde darüber bekla­gen. Allerd­ings klang der zweite Absatz in der Gesuchs­be­wil­li­gung vom 13. Sep­tem­ber 2010 eige­nar­tig: «[…] weisen wir Sie darauf hin, dass die Stadt Bern im Jahr 2011 infolge Spar­mass­nah­men lei­der keinen Beitrag an die Finanzierung des ensuite Kul­tur­magazin wird leis­ten kön­nen.» Wir hat­ten doch gar kein Gesuch für 2011 ein­gere­icht – und es ist sus­pekt, nicht existierende Gesuche auf Vor­rat abzulehnen. Im Gegen­teil: Veron­i­ca Schaller meinte im August 2010 mündlich, wir müssten im 2011 nochmals eingeben. Also sandten wir am 17. Mai 2011 an alle Kul­tur-Kom­mis­sio­nen der Stadt unsere Dossiers, den Gesamt­be­trag von 25’000.- Franken aufgeteilt auf kleinere Beträge, die Dossiers in neu­undzwanzig­fach­er Aus­führung. Wir bezweck­ten damit, dass die Kom­mis­sio­nen über ensuite urteilen kön­nten, denn bish­er hat­ten wir keinen Kon­takt zu ihnen.

Doch es kam uner­warteter­weise anders: Im Antwortschreiben von Veron­i­ca Schaller vom 24. Mai 2011 (!) stand fol­gen­des: «Mit Post an sämtliche Mit­glieder aller Kul­tur­förderungskom­mis­sio­nen ersuchst Du um einen Beitrag für das Jahr 2011. Zunächst: Beitrags­ge­suche laufen immer über die Abteilung Kul­turelles, Beiträge ab Fr. 2’000.- wer­den vom Stadt­präsi­den­ten bewil­ligt. Die Kul­tur­förderungskom­mis­sio­nen haben keine eigene Aus­gabenkom­pe­tenz, sie haben bera­tende Funk­tion, ihre Trak­tanden­liste wird von der Abteilung erstellt. Die Abteilungsleitung wird Dein Gesuch nicht den Kom­mis­sio­nen vor­legen, son­dern direkt entschei­den.» Und am Schluss: «Die Stadt Bern wird im Jahr 2011 keinen Beitrag an ensuite leis­ten. Das heisst auch, dass die Stadt Bern ensuite auch in Zukun­ft nicht regelmäs­sig unter­stützen und kein Sub­ven­tionsver­hält­nis mit ensuite einge­hen wird. Der Haupt­part­ner als Kul­tur­anzeiger ist für die Stadt Bern die Kul­tur­a­gen­da, diese wird als Teil des «Anzeiger Region Bern» her­aus­gegeben, der in Mitbe­sitz der Stadt ist.»

Die weit­ere Argu­men­ta­tion von Veron­i­ca Schaller, dass die Stadt nicht an ein Pro­jekt Geld gibt, welch­es in Konkurs gehe, ist schlicht ein Witz, ver­glichen mit ein­er Dampfzen­trale oder einem Schlachthaus, welche nur zu 20 bis 30 Prozent eigen­fi­nanziert sind, geht es uns gut. Im Jahr 2011 schreiben wir zum ersten Mal schwarze Zahlen – allerd­ings müssen wir rund 80’000.- Franken Investi­tion­s­geld, welch­es wir über die let­zten 10 Jahre jonglierten, abar­beit­en. Und genau da ist das Druck­mit­tel der Stadt Bern, die uns mit ihrer Mark­tein­mis­chung dieses Defiz­it über­haupt verur­sacht hat.

Auf­schlussre­ich Eine wichtige Infor­ma­tion möchte ich den ensuite-LeserIn­nen nicht voren­thal­ten: In einem Mail vom 16. Sep­tem­ber 2009 an Jacque­line Strauss, damals Vorste­herin der Abteilung Kul­tur­förderung vom Kan­ton Bern, schrieb Schaller: «A. Tschäp­pät möchte zuerst wis­sen, ob ensuite nicht eine unge­wollte Konkur­renz zur Kul­tur­a­gen­da im Anzeiger Region Bern sei. Der ARB (Anzeiger Region Bern / Anm. Redak­tion) sei ja qua­si unser Kind und wir woll­ten ja nicht seine Konkur­renz fördern. Ich habe A. Tschäp­pät gesagt, dass das heute nicht mehr so sei, dass diese bei­den Pro­duk­te Platz auf dem Markt haben, dass inzwis­chen auch die Kul­tur­a­gen­da in Bern gut ver­ankert ist. Ich werde noch zwei Anläufe brauchen und einen Für­sprech­er von aussen, bevor er unter­schreibt, aber ich werde es schaf­fen — allerd­ings nicht mehr vor Ende Sep­tem­ber.»

Wir haben von der Stadt Bern seit 2003 ins­ge­samt etwa 110‘000.- Franken Unter­stützungs­beiträge erhal­ten. Im direk­ten Ver­gle­ich dazu: Die «Bern­er Kul­tur­a­gen­da» (BKA) erhält pro Jahr 140‘000.- Franken von der Stadt direkt bezahlt – in den let­zten sieben Jahren fast eine Mil­lion Franken. Und dies, ohne dass eine Auss­chrei­bung oder eine poli­tis­che Debat­te stattge­fun­den hätte. Die gesamten beweisenden Doku­mente sind kom­plett bei uns auf der Web­seite ensuite.ch ein­se­hbar. Doch der Rei­he nach:

Was lief hier alles schief? Im Jahr 2003 wurde im Stad­trat ein Pos­tu­lat von der SP/JUSO (Pro­tokoll 30, Stad­tratssitzung vom 20. Novem­ber 2003, Antrag 243) vom Gemein­der­at zum The­ma «Kul­tur­a­gen­da» wie fol­gt beant­wortet: «[…] Die Stadt wird sich daran allerd­ings finanziell nicht beteili­gen kön­nen […]». Die erste Aus­gabe von der «Bern­er Kul­tur­a­gen­da» erschien im Jan­u­ar 2005 (vorher erschienen Null-Num­mern). Im Sep­tem­ber 2007 wurde die «Bern­er Kul­tur­a­gen­da» im Anzeiger als Beilage mit­geliefert, weil die Koop­er­a­tion mit «Der Bund» bere­its im Som­mer 2007 zu Ende ging, und die «Bern­er Kul­tur­a­gen­da» eine Bruch­landung mit Pub­lika­tion­sun­ter­bruch machte.

Seit 2001 geben die Stadt Bern und der Gemein­de­ver­band gemein­sam den «Anzeiger Region Bern» her­aus. Erst 2005 ist die Stadt Bern dem Gemein­de­ver­band beige­treten, und hat «damit die Kom­pe­ten­zen und kom­plizierten Struk­turen» vere­in­facht (Erk­lärung im Stad­trat). Seit dem 9. Jan­u­ar 2008 wurde zum Beispiel die zwin­gende Briefkas­ten-Zustel­lung durchge­boxt – die Aufk­le­ber «Bitte hier keinen Anzeiger!» wer­den sei­ther ignori­ert. Man pochte seit­ens der Stadt darauf, dass amtliche Nachricht­en in jeden Briefkas­ten verteilt wer­den müssen.

Seit 1. Novem­ber 2010 ist die neue Anzeigerverord­nung in Kraft getreten. Diese erlaubt erst jet­zt die Pub­lika­tion von redak­tionellen Tex­ten im «Anzeiger Region Bern». Mit anderen Worten (und so wurde auch im Stad­trat argu­men­tiert): Die Bern­er Kul­tur­a­gen­da wurde mehr als 2.5 Jahre (34 Monate) ille­gal im «Anzeiger Region Bern» mitge­druckt. Neu in der Anzeigerverord­nung ist auch die Kom­pe­ten­zen­regelung: «Die bish­erige anzeiger­rechtliche Auf­sicht des Kan­tons über die Anzeiger ent­fällt. Für die Ein­hal­tung der anzeiger­rechtlichen Bes­tim­mungen sind neu die Ein­wohn­erge­mein­den und gemis­cht­en Gemein­den zuständig.» Freipass.

Finanziell sieht die Lage inter­es­sant aus Gegrün­det wurde der «Vere­in Bern­er Kul­tur­a­gen­da» vom ehe­ma­li­gen und dama­li­gen städtis­chen Kul­tursekretär Christoph Reichenau. Er war Präsi­dent vom Vere­in und hat­te in den Sub­ven­tionsverträ­gen (bis 2011) eine Klausel einge­baut, wonach die sub­ven­tions­beziehen­den Insti­tu­tio­nen Mit­glied beim «Vere­in Bern­er Kul­tur­a­gen­da» wer­den soll­ten. Dieses «sollen» hat er an ein­er Sitzung mit mir und einem weit­eren Jour­nal­is­ten so definiert: «Wer nicht bezahlen will, dem wird der Betrag von den Sub­ven­tio­nen abge­zo­gen.» Das Stadtthe­ater Bern hat­te deswe­gen einige Diskus­sio­nen zu führen. Gemäss dieser Def­i­n­i­tion von Christoph Reichenau bezahlt das The­ater mehr als 50‘000 Franken pro Jahr aus ihrem Gesamtwer­be­bud­get an die Mit­glied­schaft des «Vere­ins Bern­er Kul­tur­a­gen­da».

1. FEHLENDE AUSSCHREIBUNG?

Die Stadt Bern hat an den «Vere­in Bern­er Kul­tur­a­gen­da» 2004 Geld aus den freien Kul­tur­förderkred­iten an die Bern­er Kul­tur­a­gen­da bezahlt. Auch wir von ensuite haben unsere Beiträge aus dem gle­ichen freien Kred­it erhal­ten – allerd­ings in ein­er ganz anderen Dimen­sion. Nicht gerech­net sind die Anteile, welche der «Anzeiger Region Bern», der ja jet­zt eben eine «stadteigene» oder zumin­d­est gemein­we­seneigene Pub­lika­tion ist, für den Druck und Ver­trieb der Kul­tur­age­da beis­teuert. Es ist anzunehmen, dass damit die Beiträge aus dem Gemein­we­sen auf über 50 % ansteigen, was zu ein­er öffentlichen Auss­chrei­bung (Regle­ment Beschaf­fungswe­sen) führen muss. Der «Vere­in Bern­er Kul­tur­a­gen­da» ist ein selb­ständi­ger, ja, unab­hängiger Vere­in – so wird gewor­ben. Eine solche Auss­chrei­bung hat nie stattge­fun­den.

Intrans­parenz Im Tätigkeits­bericht 2009 der Abteilung Kul­turelles heisst es: «Die Kul­tur­a­gen­da wird nicht mehr in Form eines Mit­glieder­beitrages, son­dern ein­er Sub­ven­tion mit Jahresver­trag unter­stützt.» Lei­der habe ich auf kein­er Liste der vom Stad­trat abge­seg­neten Sub­ven­tionsverträge der Stadt Bern je einen «Vere­in Bern­er Kul­tur­a­gen­da» ent­deck­en kön­nen. Dieser Vere­in taucht im Jahr 2010 nor­mal bei den gesproch­enen Beiträ­gen auf, obwohl die Sub­ven­tion­shöhe auf höherem Niveau als diejeni­gen von den Organ­i­sa­tio­nen BeJazz und Be-flat ste­ht. Der einzige Rech­nungsposten, dem wir diesen Betrag zuord­nen kön­nen, ist unter der mys­ter­iösen Rubrik «Weit­ere Förderungs­beiträge» aufge­führt, die mit rund 707’000.- Franken unter der Gruppe «18 Insti­tu­tio­nen und Grup­pierun­gen mit Jahresver­trag» ste­ht (Tätigkeits­bericht 2010, Abteilung Kul­turelles). Es sieht also so aus, als wür­den diese Beiträge auf ein­er eige­nen Etage entsch­ieden. Wer hat dazu die Entschei­dungskom­pe­tenz?

Diese 18 Insti­tu­tio­nen sind: 1. Anna Huber Com­panie; 2. BeJazz Som­mer; 3. Bien­nale Geschäftsstelle; 4. Bien­nale Pro­gramm; 5. Musik­fes­ti­val Geschäftsstelle; 6. Fre­itagsakademie; 7. Vere­in The­ater la Cas­cade; 8. Kultessen; 9. Kul­tur­a­gen­da, 10. Kul­tur­a­gen­da; 11. Kul­tur­büro; 12. Marks Blond; 13. Nar­ren­pack; 14. Salonisti; 15. Tön­stör; 16. Tonus Music; 17. Vere­in Zauber­later­ne; 18. Swiss Jazz Orches­tra.

Die Wieder­hol­un­gen sind keine Fehler! Die «Kul­tur­a­gen­da» hat 2 Jahresverträge (Redak­tion: 105’000.- Franken, und Event­dat­en: 35’000.- Franken), und die Bien­nale kommt eben­falls in den Genuss von zwei Verträ­gen (Geschäftsstelle: 50’000.- Franken, und Pro­gramm 2010: 100’000.- Franken – die Bien­nale find­et alle 2 Jahre statt). Damit kann man die Bud­gets in den Kom­pe­tenz-Richtlin­ien hal­ten, ein ein­fach­er Trick. Eine Auflis­tung dieser Insti­tu­tio­nen ist nur im Tätigkeits­bericht der Jahre 2009 und 2010 zu find­en.

Die Richtlin­ien und Lis­ten sind nur auf­grund kom­pliziert­er Recherchen zugänglich. Viele Doku­mente wur­den unter­dessen wieder vom Inter­net ent­fer­nt, so zum Beispiel die gesproch­enen Beiträge von 2005 – 2009. So ist es nicht möglich Jahresver­gle­iche anzustellen, ohne die Abteilung Kul­turelles darüber zu informieren.

2. KOMPETENZÜBERSCHREITUNG?

Die Begrün­dung von Schaller, dass die Kom­mis­sio­nen «nur» eine Bewil­li­gungskom­pe­tenz bis 2’000.- Franken besitzen, ist insofern falsch, als die Kom­mis­sio­nen Anträge für mehr Geld stellen kön­nen. Wenn näm­lich Schaller recht hätte, so wür­den die Gesuche vom 1. Hal­b­jahr 2011 so verteilt (Doku­men­ta­tion Gesproch­ene Beiträge 1. HJ 2011, auf www.bern.ch):

The­ater & Tanz:
2 von 47 Pro­duk­tio­nen unter 2’000.- CHFr.
Lit­er­atur:
2 von 16 Beiträ­gen unter 2’000.- CHFr.
Kun­st:
9 von 23 Beiträ­gen unter 2’000.- CHFr.
Musik:
39 von 60 Beiträ­gen unter 2’000.- CHFr.
Die seit 2008 nicht mehr existierende Filmkom­mis­sion:
2 von 4 Beiträ­gen unter 2’000.- CHFr.
Divers­es:
11 von 26 Beiträ­gen unter 2’000.- CHFr.

Mit anderen Worten: Die Kom­mis­sio­nen wären schlicht nur eine Ali­biübung. So stellt es Veron­i­ca Schaller im Brief an uns dar. Nach ihr gilt der Dau­men von Alexan­der Tschäp­pät: Der Cäsar der Kul­tur in Bern.

In den ersten «Richtlin­ien der Stadt Bern über die direk­te Förderung des zeit­genös­sis­chen Kul­turschaf­fens und die Kul­tur­förderungskom­mis­sio­nen» (Ver­sion 1996), Artikel 5.2., ste­ht fol­gen­des: «In den Bere­ichen der Kom­mis­sion­skred­ite hat die Prä­sidialdirek­tion direk­te Finanzkom­pe­ten­zen bis zu Fr. 3’000.- im Einzelfall und bis zu ein­er Gesamt­summe von max. Fr. 15’000..- pro Förderungskred­it. In den übri­gen Fällen entschei­det sie auf Antrag der kul­tur­fördern­den Kom­mis­sio­nen.» In der Revi­sion (29. Nov. 2000) dieser Verord­nung fehlt dieser Absatz – wird aber auch nicht aufgelöst, und die alten Richtlin­ien ste­hen immer noch auf dem Inter­net unter der Kul­tur­förderung als Richtlin­ien bere­it. In der Revi­sion ste­ht neu weit­er unter 4.b.3.: «Auf­gaben und Befug­nisse [der Kom­mis­sio­nen / Anmerk. Redak­tion]: Sie behan­deln die von Kul­turschaf­fend­en und Ver­anstal­tenden ein­gere­icht­en Gesuche.» Weit­er bei 4.f.: «Die Abteilung Kul­turelles führt die Geschäfte der Kom­mis­sio­nen. Die Vertreterin oder der Vertreter der Abteilung Kul­turelles in den Kom­mis­sio­nen hat kein Stimm­recht, aber ein Antragsrecht.»

Wie kön­nen die Kom­mis­sio­nen etwas vor­ber­at­en oder empfehlen, wenn die Abteilung Kul­turelles die Gesuche eigen­mächtig selek­tiert und nicht weit­er­leit­et?

Wie kann das Gesuch von ensuite – kul­tur­magazin «nur» von der Abteilung Kul­turelles, dem Sekre­tari­at der Kom­mis­sio­nen, abgelehnt wer­den? Diese Abteilung und auch die Kul­tursekretärin haben nicht die erforder­lichen beru­flichen Qual­i­fika­tio­nen, Erfahrun­gen und Wis­sen, um inhaltliche Entschei­dun­gen zu fällen. Veron­i­ca Schaller wird ja nicht müde, an jed­er öffentlichen Ver­anstal­tung zu erwäh­nen: «Wir machen die Lösun­gen nicht, wir finanzieren Ideen von Kul­turschaf­fend­en» oder «Ich bin nicht für Visio­nen zuständig, das ist Sache der Kul­turschaf­fend­en». Deswe­gen müssen die Kom­mis­sio­nen über jeden Antrag, der in eine Kat­e­gorie ihrer Kom­mis­sion fällt, zumin­d­est Ken­nt­nis haben. Sie sind die inhaltliche Instanz, und für die inhaltliche Beratung zuständig. Das geht aus den ursprünglichen Richtlin­ien her­vor: Die Abteilung Kul­turelles ist eine Ver­wal­tungsabteilung. Unser Gesuch hätte von den Kom­mis­sio­nen disku­tiert und danach Veron­i­ca Schaller und Alexan­der Tschäp­pät vorgelegt wer­den müssen. Aber dazu kam es nie. Wieviele Gesuche sind noch betrof­fen davon?

3. EIN FALL FÜR DEN SCHWEIZER PRESSERAT?

Es wäre alles weniger drama­tisch, wenn wir effek­tiv einen König hät­ten, der bes­tim­men dürfte – und es sich in diesem Fall nicht um eine eigen­nützige städtis­che Presse­förderung han­deln würde. Wir haben aber in der demokratis­chen Schweiz eine Presse­frei­heit – die ist sog­ar geschützt. Wenn ich hier die Bern­er Kul­tur­a­gen­da anspreche, dann geht es dabei nicht um Konkur­renz, son­dern um das Kon­strukt mit dem Anzeiger Region Bern und den Finanzen. Die Anzeigerverord­nung hat man wegen der Bern­er Kul­tur­a­gen­da redak­tionell geöffnet, damit der Anzeiger eine bessere Mark­t­po­si­tion erre­icht. Jet­zt ist die Pub­lika­tion aus dem Geld des Gemein­we­sens sozusagen eine «nor­male» Zeitung.

In den Statuten vom Vere­in Bern­er Kul­tur­a­gen­da ste­ht: «Der Vere­in sorgt für die Finanzierung der Kul­tur­a­gen­da. Er überträgt Redak­tion, Gestal­tung, Her­aus­gabe und Ver­trieb der Kul­tur­a­gen­da Drit­ten, die für die ord­nungs­gemässe Erfül­lung der Auf­gabe Gewähr bieten». Dumm ist jet­zt nur, dass gemäss Impres­sum der Vere­in Bern­er Kul­tur­a­gen­da sel­ber Her­aus­ge­ber ist, die Redak­tion an der sel­ben Adresse fig­uri­ert, und somit die Tren­nung zu den Geldge­bern (Ver­anstal­terIn­nen und Gemein­we­sen) nicht gegeben ist, ja, durch die Ver­ban­delung mit dem städtis­chen Anzeiger Region Bern (Gemein­we­sen) über­haupt keine Drit­ten sicht­bar sind. Hier ist nie­mand unab­hängig, son­dern im höch­sten Grade abhängig. Die Bern­er Kul­tur­a­gen­da ist ein redak­tionelles Presseerzeug­nis, welch­es die Mei­n­ungs­frei­heit im höch­sten Masse manip­uliert. «Die Recherche von Infor­ma­tio­nen und ihre Veröf­fentlichung darf durch die Annahme von Ein­ladun­gen oder Geschenken niemals bee­in­flusst wer­den.» – Nun, vielle­icht sind es bei der Bern­er Kul­tur­a­gen­da keine Geschenke, aber Löhne, Büros, Sozialleis­tun­gen, Pro­duk­tion­s­gelder, Ver­trieb­sleis­tun­gen, etc… Es wird sog­ar in den Statuten erwäh­nt, dass die «Aus­ge­wogen­heit der redak­tionellen Beiträge zu überwachen und auftrecht zu erhal­ten» sei.

ensuite ist seit 2003 monatlich bemüht, «kul­turelle Inhalte» zu ver­mit­teln und Dialoge zu ent­fachen – was uns gut gelingt. Wir sind kein Ver­anstal­ter­magazin, son­dern ein Kul­tur­magazin mit Agen­da. Wir sind zu 80% eine Redak­tion mit akademis­ch­er Bil­dung, welche sich pro­fes­sionell und ehre­namtlich für eine unab­hängige Kul­turberichter­stat­tung ein­set­zt. Das ist keine leere Hülle. «Ein Kul­tur­magazin ist immer sel­ber ein Stück Kul­tur» – ensuite baut exakt auf diese These.

Die Fort­set­zung? Durch die eigen­mächtige Hand­habe der Stadt entste­hen Kausal-Schä­den: Das Amt für Kul­tur des Kan­tons Bern hat­te uns bish­er part­ner­schaftlich unter­stützt. Nach­dem sich diese Abteilung per­son­ell ganz neu zusam­menset­zt, will man jet­zt nur noch «sub­sidiär» funk­tion­ieren. Das heisst: Ohne Geld von der Stadt kriegen wir auch vom Kan­ton keine Unter­stützung mehr. Unser Bud­get für 2011 wurde im Okto­ber 2010 erstellt – erst im Juni 2011 klärte uns der Kan­ton Bern über die neue Hand­habe auf und stellte dazu die Frage, «wo» wir uns denn in der Kul­tur­förderung platziert sähen.

Ich möchte nicht wis­sen, wie viele Gesuche von solchen Geschicht­en betrof­fen sind, aber ich kenne einige. Ich weiss, dass ich unter diesen Umstän­den kein Ver­trauen habe in eine Abteilung Kul­turelles. Es wird Zeit, diese Vorgänge durch poli­tis­che Instanzen zu über­prüfen.

 

Down­load

NEU: Auss­chrei­bung 2003
Kom­men­tar ensuite zum BZ-Artikel vom 4.8.2011
Briefe/ V. Schaller an ensuite
Tätigkeits­bericht 2009
Tätigkeits­bericht 2010
Gesproch­ene Beitrage 2011 (1HJ)
Gemein­der­at 2003 Antwort Kul­tur­a­gen­da
Stad­trat zur Kul­tur­a­gen­da
Richtlin­ien
Revi­sion der Verord­nung
Grund­sätze

ensuite Grun­dregeln / Artikel als PDF

Artikel online veröffentlicht: 20. Februar 2015 – aktualisiert am 17. März 2019