• zurück

Politikum mp3-Player — Ringen um Speicherplatz im März

Von Chris­tine Wan­ner - Vorauss­chauende unter uns haben in den let­zten Feb­ru­arta­gen dig­i­tal aufgerüstet und sich einen mp3Player gekauft, der die ständig wach­sende Musik­samm­lung gle­ich mehrfach spe­ich­ern kön­nte. Und Sie? Was ist Ihnen dig­i­taler Spe­icher­platz wert? Im März — das sei hier­mit gesagt kön­nen Sie sich nicht mehr vor diesem The­ma drück­en. Ab 1. März zahlen Sie mehr für mp3und DVD-Play­er, weil die Urhe­ber­rechts­ge­sellschaften wie Suisa und Suis­sim­age neu Gebühren auf dig­i­talem Spe­icher­platz erheben. Ein unbe­holfen­er Ver­such, doch noch Gelder aus dem rechtlichen Graubere­ich des Down­load von Bild und Ton zu ziehen.

Ein mp3-Play­er mit Spe­icher­platz bis zu 512 Megabyte (MB) kostet zusät­zlich 0,0253 Franken pro MB. Mit vier und mehr Giga­byte (GB) zahlen Sie zusät­zliche 0,00467 Franken pro MB. Für Audio-Auf­nah­megeräte leg­en Sie pro GB Spe­icher­platz 0,469 Franken mehr hin, bei Audio­vi­sions-Auf­nah­megeräten wie DVD-Play­ern mit Fest­plat­te zusät­zliche 0,346 Franken pro GB. Diese Urhe­ber­rechts­ge­bühren gehen an die Kün­st­lerin­nen und Kün­stler sowie an die Pro­duzieren­den der Tonund Bildträger, die sich im Zeital­ter von «copy» oder «plug and play» um Ein­nah­men geprellt sehen. Diese Gebühren ver­teuern die Preise laut Suisa um max­i­mal sechs Prozent. Eine Kleinigkeit also.

Das sehen Vertreterin­nen und Vertreter der CVP, der Stiftung für Kon­sumenten­schutz und des Branchen­ver­ban­des der Anbi­eter und Her­steller von Infor­ma­tion­sund Kom­mu­nika­tion­stech­nik (Swico) anders. Nun sollen sich Par­la­ment und Bun­des­gericht mit dem besteuerten Spe­icher­platz beschäfti­gen. Swico will die neue Abgabe unter­stützt von Preisüberwach­er Rudolf Strahm mit ein­er Beschw­erde beim Bun­des­gericht ver­hin­dern. Dass die Abgabe juris­tisch anfecht­bar ist, bestre­it­et selb­st die Suisa nicht. Denn bish­er wur­den Gebühren zwar auf so genan­nten Leerträgern wie Musik‑, Videokas­set­ten und bespiel­baren CDs erhoben, nicht aber auf Geräten. Die Stiftung für Kon­sumenten­schutz inter­ve­nierte im Feb­ru­ar mit einem Brief bei Jus­tizmin­is­ter Christoph Blocher, um sich gegen die «kollek­tive Urhe­ber­rechtsab­gabe» zu wehren. Sie sieht darin eine unzuläs­sige finanzielle Dop­pelund Mehrfach­be­las­tung der Kon­sumentin­nen und Kon­sumenten. Daran stören sich auch CVP-Vertreter, die einen «pro­hib­i­tiv­en» Preisanstieg voraus­sagen, weil die Spe­icherka­paz­itäten kün­ftig zunehmen. Nation­al­rat Nor­bert Hochreuten­er will in der Märzses­sion das Ende aller Leerträgerund Spe­icher­me­di­en-Vergü­tun­gen fordern. Die CVP sieht die angekündigten Abgabe-Prax­is als wirtschaft­sund tech­nolo­giefeindlich­es Sig­nal, das nicht den Bedürfnis­sen der Infor­ma­tion­s­ge­sellschaft entspreche.

Über das poli­tis­che Rin­gen um Spe­icher­platz und seinen Wert mag die wirk­liche Ziel­gruppe der Mass­nahme höch­stens müde lächeln. Jene musikund tech­nolo­giebe­wan­derten Zeitgenossen, die sich ihre Musik und Filme im legalen Graubere­ich oder in geschlosse­nen Net­zen hochund run­ter­laden, schränken die Abgaben nicht ein. Denn sie waren und sind nicht bere­it, für solche Dateien zu bezahlen, geschweige denn urhe­ber­rechtliche Abgaben auf den nöti­gen Spe­icher­platz zu leis­ten. Kommt hinzu, dass sie sich läng­stens hochgerüstet haben mit ver­schwen­derischem Spe­icher­platz, auf Servern oder Fest­plat­ten. Dieser Spe­icher­platz fällt im Gegen­satz zum weitaus lim­i­tiert­eren auf mp3-Play­ern oder DVD-Geräten gemäss Suisa-Vor­gabe nicht unter die neue Regelung.

Alles klar? Investieren Sie dem­nach in hard ware, wenn Sie die angekündigten Gebühren ganz legal umge­hen wollen. Oder gön­nen Sie sich ein neues Handy, das Ihnen den mp3-Play­er erset­zt. Stillschweigend, ohne gross­es Trara. So scheit­ert der ohne­hin unbe­holfene Ver­such, die unkon­trol­lier­bare, rechtliche Grau­zone des Upund Down­load zur Kasse zu bit­ten. Die Abgabe, das ist richtig, trifft die Falschen.

Anmerkung nach Redak­tion­ss­chluss: Die Urhe­ber­rechtsab­gaben wer­den nicht per 1. März einge­führt. Das Bun­des­gericht hat am 20. Feb­ru­ar der Beschw­erde des Swico bis auf Weit­eres auf­schiebende Wirkung zuerkan­nt.

Aus der Serie Von Men­schen und Medi­en
Car­toon: www.fauser.ch
ensuite, März 2006

Artikel online veröffentlicht: 9. August 2017