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Wo dampft es denn?

Von Lukas Vogel­sang — Der “Trans­for­ma­tion­sprozess” (die haben echt eine Sprachregelung einge­führt…) in der Dampfzen­trale dauert nun seit 11 Jahren an. Das Haus sucht seine Iden­tität, sein Pub­likum, seinen Sinn und Zweck. Es ist ein riesiges Are­al mit Restau­rant, 3 Büh­nen, der schön­sten Bar in Bern — und doch gelingt es nicht, den Mag­neten zu aktivieren.

Woran liegt’s? Zuerst war der WILLE das Prob­lem. Die Igno­ranz, was vorhan­den war, der Besuch­er­struk­tur der Dampfere. Aus einem bre­it­en Ver­anstal­tung­shaus mit wenig Geld und vie­len Vere­inen, wollte man ein Kun­sthaus definieren. Damit ver­lor man das Pub­likum und zwar radikal. Der Schnitt ist gelun­gen — der Ort war leer. Ein neues “Kun­st-Pub­likum” aufzubauen gelang nicht — oder zumin­d­est nicht in der Menge, welche das Haus entsprechend beleben wür­den. Der Vor­stand und die Leitung konzen­tri­erten sich nur auf das Pro­gramm. Doch das bringt kein Pub­likum, oder wenn, dann nur ein­ma­lig. Die Illu­sion, dass sich die Zuschauer auf ein “Exper­i­ment Kun­st” ein­lassen wollen, hält sich hart­näck­ig — ist aber kom­plett falsch. Kun­st und Kul­tur ist IMMER indi­vidu­ell und extrem beschränkt. Der Selb­stfind­ung­sprozess durch Kun­st wurde in den 70ern abgelegt. Im Jahr 2016 ist das ICH im Zen­trum, das pro­fil­ierte ICH.

Deswe­gen scheit­erte der erste Ver­such. Mit Georg Weinand wurde diese Stoss­rich­tung noch ver­stärkt. Georg ignori­erte die Ver­gan­gen­heit, wollte sel­ber entschei­den, wolle führen, wollte neu sein und über­raschen. Er war glück­lich, aus den Hochschul­struk­turen aus­ge­brochen zu sein und SEIN Haus auf­bauen zu kön­nen. Doch er war nicht beim Pub­likum. Er kan­nte es nicht. Als Ver­anstal­terIn aber muss man einen ORT bespie­len und dies nicht mit SEINER Kun­st, son­dern mit der Kun­st, die an diesen ORT gehört. Ver­anstal­terIn­nen kön­nen einem Ort nicht ein­fach ein Pro­gramm aufzwin­gen. Das sollte man wis­sen. Man läd ein Pub­likum ein — und spätestens beim 2. Mal, wenn nie­mand reagiert wäre es an der Zeit, vielle­icht beim eige­nen Menü­plan zu guck­en: Vielle­icht will das Pub­likum Fleisch und nicht eine veg­ane Küche… Wäre ja möglich…

Und jet­zt? Nach über 11 Jahren ist die Dampfzen­trale herun­tergewirtschaftet. Das inter­na­tionale und auch das nationale Renom­mee ist ver­loren, der Name vergessen. Das heisst jet­zt: Wir begin­nen ganz am Anfang. Und für dieses Leitung­steam, welch­es sich durch­set­zen kön­nte, bed­ingt dies eine Vision. Der Ort muss eine Funk­tion zurück­er­hal­ten. Das ursprünglich beset­zte Haus ent­stand aus ein­er Bewe­gung. Eine solche muss gefun­den wer­den, son­st pufft der Dampf aus dem Haus ohne eine Mas­chine anzutreiben. Und ohne Mas­chine hat das Haus keinen Sinn. Und ohne Sinn…

Bis jet­zt gibt es keine Anze­ichen dafür, dass sich dies­bezüglich etwas bewe­gen wird. Das Prob­lem ist aber auch riesig und nicht zu unter­schätzen. Denn: Ein solch­es Kul­tur- und Kun­sthaus muss sich gesellschaftlichen Fra­gen stellen und den ORT damit füllen. Das Pro­gramm ist Neben­sache.

Artikel online veröffentlicht: 30. August 2016