Von bee-flat (Pressetext) - In der Berner Musiker-Szene ist es unterdessen kein Geheimnis mehr: bee-flat wird auf Ende Dezember 2003 hin seinen sonntäglichen Konzertbetrieb und seine Disco «Future Sounds of Jazz» einstellen. Für uns von bee-flat ist es kein leichter Entscheid, haben wir doch in den drei vergangenen Jahren insgesamt etwa dreissig Discos mit Live-Musikern und über hundert Konzerte im Bereich Jazz und Weltmusik durchgeführt. Zu den Konzerten durften wir durchschnittlich gegen 170 Gäste begrüssen. Eine Zahl, die in Bern wohl kein Veranstalter in diesem Segment aufweisen kann. Viel Freude und ehrenamtliche Arbeit ist mit dem Betrieb verbunden, der nun die Tore schliesst. Im Folgenden möchten wir die vielschichtigen Gründe für diesen Entscheid aufdecken.
Generell ist der Aufwand riesig, um solche Konzerte auf professionellem Niveau durchzuführen — und zu dieser Professionalität sehen wir bei bee-flat keine Alternative, denn erst so wird ein Programm kulturell wichtig. Etwa 300 Stellenprozent teilten wir auf die neun Leute in unserer Kerngruppe auf. Dies nebenher und unbezahlt zu tragen, ist auf die Dauer eine harte Sache und hat uns zugesetzt. Hinzu kam, dass im letzten halben Jahr vier Leute aus der Kerngruppe ausgeschieden sind, allesamt sehr grosse Stützen bei bee-flat. Innert kurzer Frist neue Leute zu finden, sie einzuarbeiten und auf sie zählen zu können, ist uns nur teilweise gelungen. Das Renommee der Veranstaltungsarbeit scheint immer weniger über die unbezahlte Arbeit hinwegzuleuchten.
Parallel zum Mitgliederschwund hat der Aufwand ab Frühjahr 2002 massiv zugenommen. Der Ursprung dafür lag bei der erschwerten Pressesituation: Zum Wegfall der «Berner Woche» und des «nonstopp» wie später auch des «Ansagers» kam eine generell schmale Presse, die sich der lokalen Kultur widmet. Wir konnten nicht mehr mit Vorschauen in den Zeitungen rechnen und gestalteten daher unser Programm publikumswirksamer (neue Serien und neues Discokonzept, hin und wieder bekanntere Künstler). Zudem steigerten wir unseren Werbeaufwand (Plakatieren, häufigere Flyertouren, besseres Promo-Material, neue Website, etc.). Obwohl es die richtige Reaktion war — unsere Konzerte erlebten bis im Sommer 2003 quasi keinen Besuchereinbruch — hat sich diese Strategie stark in der Arbeitszeit niedergeschlagen, die wir zu leisten hatten.
Doch die Situation in der Presse hat sich nicht nur auf unseren Aufwand ausgewirkt, sie drückt auch ziemlich auf unsere Moral. Im Oktober und grösstenteils auch im November druckten die beiden grossen Zeitungen Berns nicht nur keine journalistischen Vorschauen auf unsere Konzerte, die bee-flat-Anlässe fehlten oftmals sogar in den Veranstaltungshinweisen. Und wenn sie aufgeführt waren, dann vielfach unter der falschen Rubrik oder mit groben Fehlern versehen. Kultur ist auf Öffentlichkeit angewiesen, und wenn wir die nicht mehr erreichen, dann leisten wir die Arbeit nicht nur gratis, sondern auch umsonst. Seit Saisonstart im September 2003 nehmen unsere Besucherzahlen nämlich ab — obwohl wir unsere Promo-Aktivitäten auf keine Art und Weise einschränkten. Der Fehlbetrag nur im November 2003 hat mehrere tausend Franken betragen.
Die Situation in der Reitschule und um das Haus herum hat unserer Meinung nach ebenfalls zum Besucherrückgang beigetragen — und an unserem Willen genagt, weiterhin Konzerte zu veranstalten. Die Drogenszene vor der Haustüre, die Gewaltbereitschaft eines kleinen Teils der Reitschule-Besucher sowie auch die gegen aussen kommunizierte Aggressivität einiger der Reitschule nahen Leute verunsichern das Publikum, welches wir ansprechen. bee-flat hat jegliche Form von Gewalt bei jeder Gelegenheit abgelehnt, da wir einerseits ideologisch nicht dahinter stehen und andererseits wissen, dass viele Leute nicht mehr in die Reitschule kommen, wenn hier ein unsicheres Klima herrscht. Mit dieser Haltung standen wir in der Reitschule zwar nicht alleine da, jedoch fand sich auch keine gemeinsame Grundlage, um gegen diese Probleme vorzugehen. Mitunter sind es die minimalen Strukturen der Reitschule, die solches verhindern und damit auch einen professionellen Konzertbetrieb erschweren bis verunmöglichen.
Die Situation hat sich in einiger Hinsicht seit dem Sommer entspannt, etwa hat die Drogenszene das Feld geräumt. Jedoch glauben wir, dass dennoch nicht die Massnahmen getroffen sind, die einen friedlichen Zustand auf lange Zeit garantieren können. Das jedoch wäre notwendig für die Kultur-Arbeit. Es gibt in der Reitschule nun einmal immer noch Leute, die den Wert kultureller Veranstaltungen nicht einzuschätzen wissen und dementsprechend wenig Respekt zeigen vor der Arbeit der Veranstalter.
bee-flat war in Sachen Programmgestaltung stets vollkommen autonom, nicht aber in der Finanzierung unseres Betriebes. Wir erhielten für einzelne Konzertserien bescheidene Beiträge von der Burgergemeinde, der Stadt und des Kantons Bern und der Migros sowie Defizitgarantien von den Stiftungen «Pro Helvetia» und «Kultur und Entwicklung». Um unseren Betrieb zu retten und einige bezahlte Posten einzuführen (für Programmgestaltung und Administration), stellten wir Anfang 2003 noch einmal Finanzierungsgesuche. Jedoch ohne Erfolg. Da mögen die Zuneigungen einiger Geldgeber zu anderen KulturInstitutionen eine Rolle gespielt haben. Aber auch die kultur-politische und finanzielle Situation der angefragten Organisationen dürften hier Gründe sein. Um unsere Kultur-Arbeit in gleichem Umfang weiterführen zu können, wären aber bezahlte Stellen nötig gewesen. Denn die Bereitschaft, die fehlende Presse sowie das schwierige Umfeld der Reitschule unentgeltlich aufzufangen, die ist in diesem Jahr nur gesunken.
ensuite, Januar 2004