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Zum Ende von bee-flat (2004)

Von bee-flat (Pres­se­text) - In der Bern­er Musik­er-Szene ist es unter­dessen kein Geheim­nis mehr: bee-flat wird auf Ende Dezem­ber 2003 hin seinen son­ntäglichen Konz­ert­be­trieb und seine Dis­co «Future Sounds of Jazz» ein­stellen. Für uns von bee-flat ist es kein leichter Entscheid, haben wir doch in den drei ver­gan­genen Jahren ins­ge­samt etwa dreis­sig Dis­cos mit Live-Musik­ern und über hun­dert Konz­erte im Bere­ich Jazz und Welt­musik durchge­führt. Zu den Konz­erten durften wir durch­schnit­tlich gegen 170 Gäste begrüssen. Eine Zahl, die in Bern wohl kein Ver­anstal­ter in diesem Seg­ment aufweisen kann. Viel Freude und ehre­namtliche Arbeit ist mit dem Betrieb ver­bun­den, der nun die Tore schliesst. Im Fol­gen­den möcht­en wir die vielschichti­gen Gründe für diesen Entscheid aufdeck­en.

Generell ist der Aufwand riesig, um solche Konz­erte auf pro­fes­sionellem Niveau durchzuführen — und zu dieser Pro­fes­sion­al­ität sehen wir bei bee-flat keine Alter­na­tive, denn erst so wird ein Pro­gramm kul­turell wichtig. Etwa 300 Stel­len­prozent teil­ten wir auf die neun Leute in unser­er Kern­gruppe auf. Dies neben­her und unbezahlt zu tra­gen, ist auf die Dauer eine harte Sache und hat uns zuge­set­zt. Hinzu kam, dass im let­zten hal­ben Jahr vier Leute aus der Kern­gruppe aus­geschieden sind, alle­samt sehr grosse Stützen bei bee-flat. Innert kurz­er Frist neue Leute zu find­en, sie einzuar­beit­en und auf sie zählen zu kön­nen, ist uns nur teil­weise gelun­gen. Das Renom­mee der Ver­anstal­tungsar­beit scheint immer weniger über die unbezahlte Arbeit hin­wegzuleucht­en.

Par­al­lel zum Mit­glieder­schwund hat der Aufwand ab Früh­jahr 2002 mas­siv zugenom­men. Der Ursprung dafür lag bei der erschw­erten Press­esi­t­u­a­tion: Zum Weg­fall der «Bern­er Woche» und des «non­stopp» wie später auch des «Ansagers» kam eine generell schmale Presse, die sich der lokalen Kul­tur wid­met. Wir kon­nten nicht mehr mit Vorschauen in den Zeitun­gen rech­nen und gestal­teten daher unser Pro­gramm pub­likum­swirk­samer (neue Serien und neues Dis­cokonzept, hin und wieder bekan­ntere Kün­stler). Zudem steigerten wir unseren Wer­beaufwand (Plakatieren, häu­figere Fly­er­touren, besseres Pro­mo-Mate­r­i­al, neue Web­site, etc.). Obwohl es die richtige Reak­tion war — unsere Konz­erte erlebten bis im Som­mer 2003 qua­si keinen Besuchere­in­bruch — hat sich diese Strate­gie stark in der Arbeit­szeit niedergeschla­gen, die wir zu leis­ten hat­ten.

Doch die Sit­u­a­tion in der Presse hat sich nicht nur auf unseren Aufwand aus­gewirkt, sie drückt auch ziem­lich auf unsere Moral. Im Okto­ber und grössten­teils auch im Novem­ber druck­ten die bei­den grossen Zeitun­gen Berns nicht nur keine jour­nal­is­tis­chen Vorschauen auf unsere Konz­erte, die bee-flat-Anlässe fehlten oft­mals sog­ar in den Ver­anstal­tung­sh­in­weisen. Und wenn sie aufge­führt waren, dann vielfach unter der falschen Rubrik oder mit groben Fehlern verse­hen. Kul­tur ist auf Öffentlichkeit angewiesen, und wenn wir die nicht mehr erre­ichen, dann leis­ten wir die Arbeit nicht nur gratis, son­dern auch umson­st. Seit Saison­start im Sep­tem­ber 2003 nehmen unsere Besucherzahlen näm­lich ab — obwohl wir unsere Pro­mo-Aktiv­itäten auf keine Art und Weise ein­schränk­ten. Der Fehlbe­trag nur im Novem­ber 2003 hat mehrere tausend Franken betra­gen.

Die Sit­u­a­tion in der Reitschule und um das Haus herum hat unser­er Mei­n­ung nach eben­falls zum Besucher­rück­gang beige­tra­gen — und an unserem Willen genagt, weit­er­hin Konz­erte zu ver­anstal­ten. Die Dro­gen­szene vor der Haustüre, die Gewalt­bere­itschaft eines kleinen Teils der Reitschule-Besuch­er sowie auch die gegen aussen kom­mu­nizierte Aggres­siv­ität einiger der Reitschule nahen Leute verun­sich­ern das Pub­likum, welch­es wir ansprechen. bee-flat hat jegliche Form von Gewalt bei jed­er Gele­gen­heit abgelehnt, da wir ein­er­seits ide­ol­o­gisch nicht dahin­ter ste­hen und ander­er­seits wis­sen, dass viele Leute nicht mehr in die Reitschule kom­men, wenn hier ein unsicheres Kli­ma herrscht. Mit dieser Hal­tung standen wir in der Reitschule zwar nicht alleine da, jedoch fand sich auch keine gemein­same Grund­lage, um gegen diese Prob­leme vorzuge­hen. Mitunter sind es die min­i­malen Struk­turen der Reitschule, die solch­es ver­hin­dern und damit auch einen pro­fes­sionellen Konz­ert­be­trieb erschw­eren bis verun­möglichen.

Die Sit­u­a­tion hat sich in einiger Hin­sicht seit dem Som­mer entspan­nt, etwa hat die Dro­gen­szene das Feld geräumt. Jedoch glauben wir, dass den­noch nicht die Mass­nah­men getrof­fen sind, die einen friedlichen Zus­tand auf lange Zeit garantieren kön­nen. Das jedoch wäre notwendig für die Kul­tur-Arbeit. Es gibt in der Reitschule nun ein­mal immer noch Leute, die den Wert kul­tureller Ver­anstal­tun­gen nicht einzuschätzen wis­sen und dementsprechend wenig Respekt zeigen vor der Arbeit der Ver­anstal­ter.

bee-flat war in Sachen Pro­gram­mgestal­tung stets vol­lkom­men autonom, nicht aber in der Finanzierung unseres Betriebes. Wir erhiel­ten für einzelne Konz­ert­se­rien beschei­dene Beiträge von der Burg­erge­meinde, der Stadt und des Kan­tons Bern und der Migros sowie Defiz­it­garantien von den Stiftun­gen «Pro Hel­ve­tia» und «Kul­tur und Entwick­lung». Um unseren Betrieb zu ret­ten und einige bezahlte Posten einzuführen (für Pro­gram­mgestal­tung und Admin­is­tra­tion), stell­ten wir Anfang 2003 noch ein­mal Finanzierungs­ge­suche. Jedoch ohne Erfolg. Da mögen die Zunei­gun­gen einiger Geldge­ber zu anderen Kul­turIn­sti­tu­tio­nen eine Rolle gespielt haben. Aber auch die kul­tur-poli­tis­che und finanzielle Sit­u­a­tion der ange­fragten Organ­i­sa­tio­nen dürften hier Gründe sein. Um unsere Kul­tur-Arbeit in gle­ichem Umfang weit­er­führen zu kön­nen, wären aber bezahlte Stellen nötig gewe­sen. Denn die Bere­itschaft, die fehlende Presse sowie das schwierige Umfeld der Reitschule unent­geltlich aufz­u­fan­gen, die ist in diesem Jahr nur gesunken.

ensuite, Jan­u­ar 2004

Artikel online veröffentlicht: 20. Mai 2017