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25 Jahre Oldies Shop Bern

Von Lukas Vogel­sang — Plat­ten­lä­den soll­ten bere­its als geschützte Kul­turgüter deklar­i­ert wer­den. Vinyl ist rar – zumin­d­est die guten Scheiben. Vor eini­gen Wochen stieg ich in meine Mansarde und ärg­erte mich über den musikalis­chen Neuheit­en-CD-Brei, der sich in Stapeln ange­sam­melt hat­te. Ich blieb bei mein­er Plat­ten­samm­lung hän­gen und wurde glück­lich. Ein paar Tage darauf erhielt ich die Mel­dung, dass der Oldies Shop – wo etliche mein­er Plat­ten herkom­men – ein gesun­des Jubiläum feiern kann. Das ist eine über­raschend gute Mel­dung.

Erst vor zwei Jahren noch war der Plat­ten-laden, welch­er zu den ersten Sec­ond Hand-Plat­ten­lä­den der Schweiz gezählt hat, mehr oder weniger am Ende. Die alte Adresse am Boll­w­erk wurde nach fast 23 Jahren gekündigt, und die Verkauf­szahlen zeigten Unterküh­lung. Unter diesen Umstän­den hat­te Daniel Binggeli wohl wirk­lich einen Sprung in der Plat­te, dass er seine gesamten Erspar­nisse und seine Pen­sion­skas­sen­gelder investierte, um den Vinyl­berg aufzukaufen und ein­fach einen Neustart zu wagen. Nach vier Wochen Pla­nung und vier Wochen Umzug (über 2‘500 Kar­tonkisten) stand der neue Laden. Die Schränke und Regale im neuen Laden wur­den vom gle­ichen Team gebaut, wie damals vor zwanzig Jahren. Im Nach­hinein sind alle froh um diesen Sprung – der Oldies Shop blüht sei­ther in seinem neuen Laden­lokal mit Frontschaufen­ster und Tages­licht – und es geht ihm bess­er denn je.

Schallplat­ten sind nicht tot zu kriegen. Im Gegen­satz zur CD, welch­er man keine rosige Zukun­ft voraus­sagt. Und die Aus­sicht­en, Musik nur noch über MP4, MP5 zu hören, macht Lieb­haberIn­nen, aber unter­dessen auch ganz nor­male MusikhörerIn­nen, zu Über­läuferIn­nen zurück zur Schallplat­te. Der Laden läuft gut – und ein Teil des Gewinnes wird sog­ar zurück in die Musik investiert: Daniel Binggeli unter­stützt ver­schiedene Organ­isatoren von Konz­erten mit Plakat- und Fly­er­spon­sor­ing. In der Freizeit betreibt eine Crew mit und um den Oldies Shop im Restau­rant Tell in Oster­mundi­gen den «Blues-Club». Auch dieses Konz­ert­pro­gramm lässt sich sehen.

In Bern gibt es rund sieben Vinyl-Läden. Das sind fast mehr, als es «nor­male» CD-Verkauf­sstellen gibt – Bern kann sich damit gerne das Vinyl-Mek­ka der Schweiz nen­nen. Während die Inter­netverkauf­sshops das nor­male Tages­geschäft im Griff haben, kön­nen die kleinen Läden mit Per­sön­lichkeit, Stil, und Zeit für die Kun­den trumpfen. Im Laden an der Effin­ger­strasse kommt es deswe­gen öfters zu Staus: Stosszeit­en enden nicht sel­ten in Fre­und­schaften. Ein Kunde hat es auf den Punkt gebracht: «Es ist ein­fach schön, dass es Euch noch gibt. Ich weiss, und Ihr wisst es auch, dass man fast jede Plat­te oder CD irgend­wo auf der Welt gün­stiger als bei Euch find­et. Aber wo wird man so fre­undlich begrüsst, wie bei Euch? Wo spürt man so viel Herzblut in einem Verkaufs-laden, und ist die Beratung und das im wahrsten Sinn des Wortes greif­bare Ange­bot so gut wie hier? Im Inter­net bes­timmt nicht.“

Das mit dem Lager hat etwas: Um die 300’000 Schallplat­ten und CDs aus allen Musikrich­tun­gen, auch DVDs sind auf 150 Quadrat­metern unterge­bracht. Der Oldies Shop rühmt sich auch als «wohl ein­er der best­sortiertesten Sec­ond-Hand-Plat­ten­lä­den Europas». Man muss den Test sel­ber machen.

Daniel Binggeli sitzt nicht auf einem Scher­ben­haufen. Vielmehr haben ihm die Scher­ben Glück gebracht. Und wenn ich zurück an die Plat­ten in mein­er Mansarde denke, dann ver­ste­he ich das. Ich glaube, ich kaufe mir einen neuen Plat­ten­spiel­er und lasse mich eben­falls von diesem Glück tra­gen.

 


Der Laden:
Effin­ger­strasse 4; 3011 Bern // 031 312 19 87
info@oldiesshop.ch

Infos: www.oldiesshop.ch

Foto: zVg.
ensuite, Sep­tem­ber 2011

Artikel online veröffentlicht: 17. Februar 2019