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All that I love

Von Lukas Vogel­sang — Polen in den 80’er Jahren. Zwis­chen Glück, Liebe, Rev­o­lu­tion und Krieg. Dazwis­chen häm­mert die Zeit oder das Herz oder bei­des gle­ichzeit­ig. Junge Rebellen, wilde Geschicht­en – vor allem aber eine Welt, wie von einem anderen Plan­eten.

Die Hand­lung: Janek, ein Sohn eines Mil­itärof­fiziers, ist Sänger ein­er Punk-Band. Ein junger Rebell, der die Erwach­se­nen nicht ver­ste­ht – und von ihnen auch nicht ver­standen wird. Er ver­liebt sich in eine Tochter ein­er Gew­erkschafts­fam­i­lie und diese stellt sich gegen ihre Verbindung. Als das Kriegsrecht aus­gerufen wird, ste­ht die Welt Kopf. Die Hoff­nun­gen zer­brechen und die Geschichte wird chao­tisch.

Zu Beginn hat man noch das Gefühl, in einen seicht­en Jugend­film ger­at­en zu sein – doch das ändert sich rasch. Sehr schön und inten­sivierend spielt die Musik im Film, spielt mit unseren Gefühlen und unter­stre­icht die Szenen. Janek wird gespielt von Mateusz Kosciuszkiewicz. Ein junger Schaus­piel­er mit frischem Auftreten, frischem Gesicht, und er verkör­pert den natür­lichen Rebellen. All­ge­mein wur­den her­vor­ra­gende Schaus­piel­er gefun­den. Auch kam­er­at­e­ch­nisch überzeu­gen die Bilder. Der Schnitt ist manch­mal etwas schnell und hart, der Film wirkt dann etwas zu sehr verkürzt und pathetisch, aber trotz­dem gewin­nt er mit jed­er Minute an Tiefe. Aus­ge­hend von beschwingten Jugend­fan­tasien gelingt der Sprung in kom­plexe jugendliche Katas­tro­phen­si­t­u­a­tio­nen, ohne dass der Film kitschig wird. Im Gegen­teil: Man saugt förm­lich jedes Bild auf und wird Opfer der eige­nen Jugen­derin­nerun­gen, ist betrof­fen und fühlt mit.

Die Geschichte erin­nert uns an unsere eige­nen Jugend­jahre, an unsere wilden Momente da Dinge zum ersten Mal erlebt wer­den, als die Hoff­nung noch unsere einzige Exis­ten­z­grund­lage schien. Als wir lern­ten, dass Dinge sich unwider­ru­flich ändern und wir alleine die Ver­ant­wor­tung übernehmen müssen – ohne zu ver­ste­hen was gut oder schlecht sein soll. Kaum aus der Pubertät raus, weltof­fen, eroberungslustig, lebendig, vor allem aber leben­shun­grig. Der Pres­se­text zum Film klingt abschreck­end: Eine mod­erne Ver­sion von Romeo und Julia. So schlimm ist das also nicht. Lei­der ist aber auch die Punk-Geschichte etwas in den Hin­ter­grund ger­at­en, und obwohl die ersten Bilder die Band in einem alten Zug­wa­gen bei ein­er Probe zeigen, stellt dies schon fast den Höhep­unkt des «Punk» in diesem Film dar. Der Punk darf nicht gespielt wer­den – ange­blich aus poli­tis­chen Grün­den, doch da spielt auch ein Beziehungs­dra­ma eine Rolle. Rebellen lassen sich aber nicht stop­pen, spie­len und brechen aus – mit Fol­gen.

Behütet wie wir unsere Jugend­jahre ver­bracht haben kön­nen wir mit diesem Film wenig­stens ansatzweise ein paar Häp­pchen gefühlte sozial­is­tis­che Revolte miter­leben, auch wenn vieles gestellt und sehr harm­los wirkt. Die Real­ität kann man nicht in 95 Minuten abhan­deln, sie war wohl um einiges härter. Trotz­dem erin­nert der Film pos­i­tiv an das Leben, an den Sinn und Unsinn davon, an die Liebe und an Träume, die wir lange tief in uns ver­graben haben. Ein Film, der unsere Jugen­derin­nerun­gen zurück­bringt.
Der Film läuft ab dem 7. April in den Kinos.

Foto: zVg.
ensuite, April 2011

 

Artikel online veröffentlicht: 18. Januar 2019