Von Florian Imbach — Der holländische Regisseur Anton Corbijn versucht mit «The American» George Clooney in einem europäisch geprägten Drama zu inszenieren. Das Drama, schön inszeniert zwar, scheitert an der trägen Handlung und der uninspirierten Umsetzung des Drehbuches.
Anton Corbijn hat sich bis anhin als Regisseur von Musikvideos hervorgetan. Nach «Control» (2007), dem Porträt der britischen Gruppe Joy Division, hat er sich mit «The American» (2010) zum zweiten Mal an ein ernsthaftes Drama gewagt, produziert von George Clooney, der auch die Hauptrolle spielt. Vorlage ist das Buch «A Very Private Gentleman» von Martin Booth. Clooney spielt im Film Jack, einen Auftragskiller, der sich in ein abgelegenes Dorf nach Italien zurückzieht. Offenbar verfolgen ihn schwedische Gangster, wieso erfährt der Zuschauer nicht. In dem abgelegenen Dorf soll Jack untertauchen und einen letzten Auftrag vorbereiten.
Der Film lebt von eindrucksvollen Landschaftsbildern, sei es anfangs in Schweden oder danach in den Abruzzen. Corbijn versteht es, Bilder sprechen zu lassen, er spielt mit Unschärfen und interessanten Einstellungen. Wem das gefällt, der geniesst die rund eineinhalb Stunden und freut sich ab der Impressionen. Die Geschichte aber, so sie denn existiert, ist wenig fordernd und verlangt nicht viel vom Zuschauer. Es passiert nichts bis wenig. Jack der Killer lebt sich ein im Städtchen, fährt umher, macht Bekanntschaften. Der Zuschauer fragt sich mehr und mehr, ob oder wann die Geschichte denn anfängt. Und wenn die Geschichte dann gegen Schluss des Filmes beginnt, erzählt sie dennoch nichts, der Zuschauer wird aus dem Film entlassen, ohne weitere Anregungen, mit einem späten, kurzen Höhepunkt nach einem langen und eher langweiligen Vorspiel.
Clooney als Gewinn Dass Clooney hier die Hauptrolle spielt, ist sicher ein Gewinn. Den alternden, kaltblütigen Killer mit charmantem, unsicherem Wesen gibt er ausgezeichnet. Clooney versteht es überdies, das handwerkliche Geschick und die Passion des Killers subtil überzeugend rüberzubringen. So schaut man Jack gerne zu, wenn er minutenlang schraubt, sägt und poliert, an einer Werkbank Munition herstellt. Oder in einer anderen Szene ist die Verbissenheit geradezu angsteinflössend echt, mit der der Auftragsmörder eine unliebsame Gespielin weglockt, mit der Absicht, sie umzubringen.
Wer sich den Film ansieht, wird den Verdacht nicht los, dass diese Produktion unter dem Vorsatz entstand, einen Hollywood-Film mit europäischem Anstrich zu kreieren. Im Gegensatz zum typischen US-Gangster-Film ist «The American» unaufgeregt, ruhig gestaltet, Musik hört man selten, sie wird ausschliess-lich als unterstützendes Stilmittel eingesetzt. Szenen dauern länger als wir uns gewohnt sind, gewisse Situationen, zum Beispiel Jack, der im Kaffee eine Nachricht von seinem Boss abholt, werden regelrecht ausgekostet. Anspielungen und Referenzen sind sehr bewusst gesetzt, beispielsweise zu «Once Upon a Time in the West» (1968) in ebendiesem Kaffee. Die Schnittabfolge lässt vermuten, dass diese Referenz sehr sorgfältig und äusserst bewusst konstruiert wurde. Dass sie aber so sichtbar und schon fast plakativ daher kommt, zeigt die Schwächen dieser «europäischen» Produktion. Zu offensichtlich versucht der Film etwas zu sein, was er nicht ist. Dies führt zum Eindruck einer beinahe mechanisch inszenierten Welt, in der sich Clooney als Jack zwar äusserst behende und natürlich bewegt, deren Gerüst aber zu offen-sichtlich als Konstrukt erkennbar ist.
«The American» zu sehen lohnt sich mit der richtigen Erwartungshaltung durchaus. Wer eine packende Geschichte, Spannung oder Action erwartet, sollte sich Geld und Zeit aber sparen.
Foto: zVg.
ensuite, November 2010