Von Fabienne Naegeli — AUAWIRLEBEN holt zeitgenössische, internationale Theaterproduktionen vom 7. bis zum 18. Mai in die Hauptstadt und zeigt Stücke sowie Interventionen lokaler KünstlerInnen.
stromereien war schon. Steps ist voll im Gange. Diesen Monat wartet auf Sie in Winterthur das erste Schweizer Theatertreffen. La Bâtie in Genf, das Theaterfestival in Basel, sowie das Belluard und das Zürcher Theater Spektakel kommen bald. Kurzum: Die Schweiz ist im Festivalfieber! Und auch Bern mischt seit 1982 alljährlich mit dem AUAWIRLEBEN diese Festivallandschaft auf. Die 32. Ausgabe trägt die Überschrift «Von öffentlichem Interesse» und befasst sich im weitesten Sinne mit dem konfliktuösen Themenkomplex der Privatsphäre bei gleichzeitigem Verbundensein mit der Welt, mit dem Individuum und seinen persönlichen Anliegen im Kontext eines größeren Ganzen.
Die Performerin und Religionswissenschaftlerin Marjolijn van Heemstra aus Amsterdam zeigt «Mahabharata» und «Garry Davis», den zweiten und dritten Teil ihrer Trilogie über die Verbundenheit der Menschen in einer globalisierten Welt. Zusammen mit dem indischen Schauspieler Satchit Puranik verarbeitet sie einen Videoabend, der mehr als 20 Jahre zurückliegt. Als Kinder haben die zwei die fünfstündige Verfilmung des indischen Mythenepos «Mahabharata» von Peter Brook gesehen. (Zuvor hat der Regisseur eine neunstündige Theaterversion inszeniert, die 1987 am Zürcher Theater Spektakel zu sehen war.) In ihrer gleichnamigen Performance denken die beiden nun kritisch über das nach, was sie damals und was sie heute mit dem Film und seiner interkulturellen Utopie verbinden. Wie kämpft man gegen die Ungerechtigkeit auf der Welt? Diese Frage verfolgt van Heemstra in «Garry Davis». Nach einem Einsatz als Bomberpilot im Zweiten Weltkrieg entscheidet Garry Davis, nie mehr etwas mitzumachen, hinter dem er nicht stehen kann. Er zerreißt seinen Pass und erklärt sich zum ersten Weltbürger. Van Heemstra hat den Friedensaktivsten kurz vor seinem Tod besucht, woraus eine Performance über den Kampf gegen ein System und die Selbstzweifel entstanden ist.
In «A History of Everything» der belgischen Gruppe Ontroerend Goed und der Sydney Theatre Company werden 14 Milliarden Jahre Geschichte in rund 100 Minuten erzählt, und das auch noch rückwärts, von der ego- zur eurozentrischen Sichtweise, damit der Mensch nicht am Ende steht, und wir Dinge verschwinden statt entstehen sehen. Was wird erwähnt? Was fällt weg? Nicht verschwunden, aber weggefallen sind die Kulturgelder für die Produktion «San Francisco» von De Warme Winkel aus Utrecht. Nun steckt das Kollektiv in der Krise. Sind ihre Ideen nicht mehr relevant? Wie macht man aus Nichts etwas? Neben der fiktiven Komödie über die Krise ist von der Gruppe das Stück «We are your friends» am AUA-Festival zu sehen. Was heißt Solidarität heute? Wer hilft wem, wie und wozu? Anstatt anzureisen, hat das Kollektiv beschlossen, die Kosten des Theaterabends in Berner KünstlerInnen zu investieren – nach dem Motto: «Lokal ist das neue global». Per Skype verteilen sie Aufträge an die Kunstschaffenden, um die Grenzen der Gemeinschaftsbehauptung auszuloten.
Wie jedes Jahr steht auch lokales Theaterschaffen auf dem AUA-Programm. Die Berner Kollektive das schaubüro & Tobak Lithium erforschen und gestalten gemeinsam mit dem finnischen Reality Research Center und weiteren Interessierten, die SozionautInnen werden möchten, im Rahmen der Social Space Agency, kurz SoSA, den sozialen Raum der Stadt Bern.
Neben Konzerten ist der Austausch mit KünstlerInnen ein wichtiges Anliegen des AUA-Festivals. Zum ersten Mal findet dieses Jahr das in Zusammenarbeit mit dem Institut für Theater- und Tanzwissenschaft der Universität Bern entwickelte, transdisziplinäre Symposium «itw im dialog» statt. An der Schnittstelle von Theorie und Praxis werden Arbeitsweisen und Ästhetiken im Gegenwartstheater diskutiert. Das Format richtet sich nicht nur an ein Fachpublikum, sondern auch an Sie!
Weitere Informationen
www.auawirleben.ch
Foto: zVg.
ensuite, Mai 2014