Von Stanislav Kutac — An einem Tag wie diesem geht die Welt zu Ende. Die Welt, wie wir sie uns vorstellen. Die Welt, wie wir sie kennen. Und dann geschieht das vollkommen Undenkbare. Nichts! Nichts was für uns noch von Belang wäre.
Was wir vorab ausblenden, ist, dass der Gedanke an das Undenkbare selbst auch nur ein Gedanke ist. Und zwar ein bequemer Gedanke. Das Fatale an bequemen Gedanken aber ist nicht so sehr ihr Inhalt, und sei er noch so apokalyptisch, sondern der geringe Energieinput, den wir leisten. Dieser Umstand ist bei weitem nicht so harmlos, wie er daherkommt. Er ist hochgradig verführerisch, ja narkotisierend, in Neudeutsch: einlullend. Genau genommen, sind wir regelrecht süchtig nach bequemen, energieschwachen Gedankenkonstrukten. Unsere Sucht schreit geradezu nach plausiblen und vereinfachenden Botschaften. Sie sind die Botenträger der Angst, die uns genauso lähmt, wie die Gewohnheit Konfrontation zu meiden. Und zwar die Konfrontation mit unserem eigenen inneren Schweinehund.
Vor diesem Hintergrund sind die heranwachsenden Herausforderungen, die wir als Menschheit zu bewältigen haben, noch gewaltiger, noch prekärer. Wir beschäftigen uns z.B. mit Wirtschaftswachstum, als würde für uns die Schwerkraft nicht gelten. Wir beschäftigen uns mit einer Finanzkrise, als wäre sie etwas Reales. Wir beschäftigen uns mit Landesgrenzen und Kriegen, als wären sie notwendig. Gleichzeitig sind wir zu beschäftigt, zu bequem und zu feige, Gedanken zu erlauben, die ungewohnt sind. Gedanken, die mehr Bereitschaft erfordern. Gedanken an Freiheit, die mit gefühlter Verantwortung einhergehen. Gedanken an Einfachheit, die mit bewusstem Verzicht einhergehen. Gedanken, die uns etwas kosten, die auch anstrengen, auch schmerzen können. Gedanken, die uns keine Pseudo-Sicherheit vorgaukeln. Gedanken jenseits von Gut und Böse. Gedanken, die offen genug sind, für Intuitives, für Visionäres.
Lassen sie uns zusammenfassen: Wir haben erkannt, dass ein Gedanke, und sei er noch so Furcht einflössend, auch nur ein Gedanke ist. Wir haben gesehen, dass wir die Gedanken an… von ihren Inhalten trennen können. Wir wissen nun auch, dass Gedanken unterschiedliche Energielevel haben. Wir können es nachvollziehen, dass energieschwache Gedanken uns stillschweigend süchtig und abhängig machen. Wir können uns vorstellen, dass wir Gedanken zulassen können, die von uns einen höheren Energieaufwand einfordern. Und vielleicht verstehen wir, dass es Sinn macht, es zu tun, weil wir spüren, wie wir daran wachsen, auch wenn uns dabei das romantische Geborgenheitsgefühl abhanden kommen mag. Schliesslich heisst es nicht um sonst: Auf die Welt kommen.
Meine Vision ist, dass immer mehr Menschen erkennen, dass es um ein Vielfaches lebenswerter ist, auch schöpferisch statt nur verbrauchend zu sein, dass immer mehr Menschen die Schönheit des Sich-ganz-gebens erfahren wollen. Dass immer mehr Menschen ihrem Herzen folgen. Und zwar aus purem Egoismus. Wenn dann die individuelle oder gar die kollektive Welt zusammenbrechen sollte: wen kümmert‘s?
Foto: S. Kutac
ensuite, Januar 2012