Von Luca D‘Alessandro — … hiess es am 16. Juli auf dem Berner Hausberg, als um 15:45 Uhr Jamie Cullum zum Höhenflug ansetzte. Doch vorher musste sich der Jazz-Pop-Künstler unseren typischen Festivalfragen unterziehen.
Jamie Cullum, das Publikum auf dem Gurten kennt dich sehr gut. Bereits 2006 standest du da auf der Bühne und vermochtest die Menge zu begeistern. In der Zwischenzeit hast du auf zahlreichen Festivals und Veranstaltungen in der ganzen Welt gespielt. Vermutlich erinnerst du dich nicht mehr an deinen ersten Gig auf dem Gurten …
Oh doch! Ich erinnere mich ganz gut daran. Ich weiss noch: Es war ein wunderschöner Tag mit einem fantastischen Publikum, das voll abging. Später bekam ich sogar Ärger, weil ich irgendetwas von Billy Idols Equipment mitlaufen liess.
Wie denn das?
(lacht) Es gab ein Chaos mit den Sticks. Nichts Schlimmes. Am Ende konnten wir alle darüber lachen.
Jazz Musik und Rock Festivals wie der Gurten sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Wie schaffst du es als Jazzer, dass die Menschen dermassen mitgehen, sobald du auf die Gurtenbühne trittst?
Was ich auf der Bühne präsentiere, geht weit über den Jazz hinaus. Im Grunde verwende ich nur das Skelett des Jazz. Alles andere stülpe ich darüber und mache daraus etwas ganz Neues. Rock, Funk, Pop … Mit der richtigen Mischung ist es einfacher, die Musik an ein breites Publikum zu bringen. Wenn ich mir nämlich das Publikum hier in Bern anschaue, stelle ich fest, dass es eine grosse Offenheit gegenüber Neuem zeigt. Das reichhaltige Line Up des Gurtenfestivals belegt diese These: Es beinhaltet Hard Rock, Dance, Heavy Rock, Soft Rock, Jazz, Funk, Soul, Elektronik und Hip Hop. Diese Vielfalt reflektiert das breite Interesse des Publikums. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage: Das Gurtenfestival ist nicht mit anderen Festivals zu vergleichen.
Wie begegnest du dieser Offenheit?
Na ja, spontan.
Hast du keine Setlist?
Nein. Ich spiele, was mir einfällt (lacht).
Apropos: Seit kurzem bist du Vater.
Hmmm …
Hat das etwas verändert?
Ja, alles.
Und in deiner Musik?
Wenn du heiratest und Kinder kriegst, gehört das zum normalen Leben. Du wirst erwachsener. Deine Gedanken sind fokussierter, weil du gesamthaft weniger Zeit hast. Eine Familie gibt dir den Link zu den wirklich wichtigen Dingen im Leben.
Fühlst du dich nicht ausgelaugt?
Nein, denn in dieser Lebenssituation bekommst du viel Energie ab.
Es gibt ein Gerücht, das besagt, du hättest einmal eine Aufnahme in deiner Küche gemacht – beim Braten eines Steaks.
Ja.
Deine Frau sagt aber, das stimme nicht.
(lacht). Doch das stimmt. Sie weiss nur nichts davon, weil wir damals noch nicht zusammen wohnten. Ich hatte tatsächlich ein Piano in der Küche, mit zwei Mikrofonen … vermutlich waren es keine Steaks, die in der Pfanne brutzelten. Es waren eher Spiegeleier oder so was. Aber es war eine geniale Aktion, schon nur wegen der fabelhaften Akustik.
Ist demnächst eine neue Produktion geplant? Seit der Publikation von «The Pursuit» sind zwei Jahre vergangen.
Im Moment arbeite ich an einer neuen Platte. Dadurch aber, dass ich viel auf Tournee bin, muss ich meine Schreibtätigkeit auf mein Homestudio beschränken. Ich würde gerne gegen August oder September die Aufnahmen machen, damit das Album möglichst bald erscheint.
Kannst du uns etwas darüber verraten?
Nicht wirklich, weil ich selber noch nicht so genau weiss, wie es wirklich sein soll. Wenn es dann aber so weit ist, werde ich mich auf jeden Fall zu Wort melden.
Bild: Jamie Cullum / Foto: Luca D‘Alessandro
ensuite, August 2011