• zurück

Auf Sparflamme

Von Bar­bara Roel­li — Haushalt­geräte sind platzs­parend, prak­tisch, gut. Sie sind ein­fach zu reini­gen und erle­ichtern einem den All­t­ag. Dies sind bekan­ntlich die Argu­mente der Wer­ber, warum man ein bes­timmtes Pro­dukt unbe­d­ingt aufnehmen muss in die eigene Samm­lung an Küchengeräten. Und diese Küchengeräte ver­schwinden dann eines Tages in irgendwelchen Keller­a­bteilen oder wer­den in der Orig­i­nalver­pack­ung in den Estrich ver­frachtet. Es kann ja gut sein, dass man wieder ein­mal Lust hat auf sel­ber frit­tierte Apfelchüech­li. Weil man im sel­ben Öl aber bere­its die Cala­mari frit­ti gemacht hat, sollte man nun das Frit­tieröl auswech­seln, da Apfelchüech­li mit Tin­ten­fis­chgeschmack nicht das Gelbe vom Ei sind. Das heisst, man müsste mit dem alten Öl noch in die Altöl­samm­lung fahren … Die Fri­teuse «ide­al für den kleinen Haushalt» bleibt also im Keller.

Weit­er war auch der Kauf ein­er Pas­ta­m­as­chine grund­sät­zlich eine gute Idee. Nur brauchen ungeübte Hände einen Nach­mit­tag lang Zeit, um delikate Ravi­o­li herzustellen. Und gegessen sind sie dann in 20 Minuten. Auch diese Mas­chine wird also ver­stauben. Deshalb mag man vielle­icht glück­lich­er sein, besitzt man weniger Gerätschaften.

Doch nun habe ich dieses eine Pro­dukt ent­deckt. Und dieses Pro­dukt – rechteck­ig, prak­tisch, gut – ist saugut! Denn es braucht weniger Energie für seine Leis­tung als viele andere Mod­elle seines­gle­ichen. Dieser kleine Raclette-Ofen erbringt seine Leis­tung auss­chliesslich durch Kerzen­feuer: Rechaud-Kerzen wer­den in die Met­allschale des Ofens gelegt, die nach oben hin offen ist. Deko­ri­ert ist die Schale mit aus­ges­tanzten Sujets wie Kühen und Käselöch­ern. Der Ofen wird dann zugedeckt mit dem dazu passenden Raclet­tepfän­nchen, das mit Käs­escheiben belegt ist. Und die Flam­men der kleinen Rechaud-Kerzen genü­gen! Der Käse schmilzt san­ft dahin und legt sich geschmei­dig über die geschwell­ten Kartof­feln.

Der flam­men-betriebene Raclette-Ofen ist zudem auch diskret. Nach dem Essen reicht gutes Lüften des Raums und der Käsegeruch ist fort. Ist man mehr als zu zweit, set­zt man ein­fach weit­ere dieser prak­tis­chen kleinen Öfen ein. Die nehmen nie soviel Raum ein wie diese schw­eren Raclette-Elek­tro-Öfen. Mit diesen beheizten Möbeln auf dem Tisch wird man selb­st zum schmelzen­den Stück Käse, und der Platz für all die feinen Beila­gen ist erst noch knapp — denkt man nicht nur an Sil­berzwiebeln und Gurken, son­dern auch an das selb­st gemachte ein­gelegte Gemüse, Speck­röllchen, Senf­früchte und die beson­deren Raclette-Gewürzmis­chun­gen. Und irgend­wo muss man auch noch den Kartof­fel­wärmer hin­stellen kön­nen. Und zwar so, dass nicht gle­ich die Weingläs­er zu Bruch gehen. Über­haupt scheint das Unfall­risiko bei diesen elek­tro­n­is­chen Raclette-Öfen beträchtlich. Eine Gefahren­quelle ist etwa die Grillplat­te ober­halb der Raclet­tepfän­nchen. Wenn nicht ger­ade Fleisch darauf brutzelt, ver­gisst man gern, wie heiss das Teil wird. Eine unvor­sichtige Hand­be­we­gung, und die Brand­wunde verdirbt einem den ganzen Abend. Gefährlich ist auch das Ver­längerungsk­a­bel, mit dem man den Ofen erst mit der knapp zu weit weg liegen­den Steck­dose verbinden kann. Ein klas­sis­ch­er Haushalt­sun­fall ist vor­pro­gram­miert. Warum eigentlich auch Strom kann man sich da fra­gen, wenn so ein­fache und gute Ideen umge­set­zt wer­den wie der Raclette-Ofen mit Rechaud-Kerzen? In der momen­ta­nen Atom­de­bat­te wären solch sim­ple Lösun­gen wohl wün­schenswert. Wie kann Energie effizient und doch umweltverträglich pro­duziert und genutzt wer­den? Beim Raclette, jeden­falls, set­ze ich schon mal auf Sparflamme.

Foto: zVg.
ensuite, Feb­ru­ar 2012

 

Artikel online veröffentlicht: 19. März 2019