Von Gabriela Wild — Nach dem «Bellu» ist immer auch vor dem nächsten Bollwerkfestival. Das schon zuverlässig seit siebenundzwanzig Jahren. Nach dem dritten Jahr unter ihrer Leitung fühlte sich die Kuratorin Sally de Kunst bestärkt, auf dem richtigen Weg zu sein. Das Festival der Künste Belluard Bollwerk International setzt auf innovative Projekte, die verblüffende und irritierende Erlebnismomente schaffen, und neue Kommunikationsformen zwischen Künstlern und Publikum kreieren. Für das Jahr 2011 steht der Wettbewerb unter dem Stichwort «Hope». In der Ausschreibung (www.belluard.ch/de/hope) ist dazu zu lesen: «Die Hoffnung. Sie dient oft der Rhetorik, um die Massen für Umweltschutz- und Globalisierungsfragen zu mobilisieren, oder einen Konsens in Sicherheitsfragen herbeizuführen. Doch ein zeitgenössisches Verständnis des Konzepts Hoffnung könnte sich zu einer nützlichen Strategie entwickeln, eine andere Perspektive gegenüber unseren gesellschaftlichen und künstlerischen Haltungen zu gewinnen». (…) Oder: «Mit anderen Worten: Hoffnung bedeutet, Räume und Beziehungen zu überdenken, das Wagnis einzugehen, Veränderungen zu erlauben, egal wie klein und in welcher Form sie sich auch präsentieren.» Die Programmverantwortlichen freuen sich auf überraschende Projektvorschläge aus allen Kunstsparten, die bis am 18. Oktober 2010 eingereicht werden können. Am diesjährigen BBI sorgte ein gewisser Anonymous für Überraschungen. Der Wettbewerbsteilnehmer hatte das Thema Urban Myth so interpretiert, dass er sich selbst zum Stadtgespräch machte. Zu Beginn des Festivals legte der Unbekannte eine Belohnung fest, die Hälfte seiner Gage, für diejenige Person, die seine Identität ausfindig machen würde. Sally de Kunst erachtete das Projekt als gelungen, insofern, dass tatsächlich ein Mythos kreiert wurde. Es kursierten Gerüchte und diverse Spekulationen über die Existenz von Anonymous. Besonders schätzte de Kunst, dass sie während einer Anonymous-Intervention, bei der sie dem Phantom einen Geldkoffer überbringen sollte, Gelegenheit hatte, mit den Festival-Besuchern, die sie auf dem Spaziergang begleiteten, in Kontakt zu treten. Kommunikation und Verständigung ist der engagierten Kuratorin ein wichtiges Anliegen. Bedauerlich fand sie, dass das Projekt die Gelegenheit verpasste, über die Bedeutung von Anonymität zu reflektieren. Aussergewöhnliche Gesprächssituationen schuf die «Human Library», in der dem Festivalbesucher rund 60 Bücher in Form von Menschen zur Ausleihe zur Verfügung standen. Von Lyrik und Prosa über Sachbücher und gesellschaftspolitische Themen, bis zum lebensphilosophischen Ratgeber wie man seine Zeit managt, fand sich alles in dem Bibliothekskatalog, inklusive Wörterbücher, die simultan übersetzten. Belluard Bollwerk International ist in der konzentrierten Form eines Festivals eine Plattform für zeitgenössische Kunstphänomene. Seismografisch reagiert es auf Ängste, Stimmungen und Anliegen unserer Zeit. Dabei geht es nicht um Provokation. Vielmehr sollen durch einfallsreiche Interventionen unsere Vorstellungen und Denkmuster geprüft und in Frage gestellt werden. So etwa hat Thomas Bratzke eine Gebäude-Therapie erfunden, wobei er das Haus an der Route-Neuve 1 in Freiburg einer Akupunktur-Behandlung unterzog.
Mal schaun, was Hoffnungsvolles auf dem Kunstrasen 2011 gedeiht.
Foto: zVg.
ensuite, August 2010