Von Lukas Vogelsang — Das Wort «Biennale» wird – so klärt mich Wikipedia auf – vom Wort «Biennium» abgeleitet, und dieser Begriff deutet auf einen Zweijahresrhythmus hin. Entsprechend wäre eine «Triennale» eine alle drei Jahre stattfindende Ausstellung. Den Ursprung nahm dieses Unwort im Jahr 1895 in Venedig, als der Bürgermeister alle zwei Jahre eine Weltausstellung der Bildenden Kunst einführte. So ungefähr stelle ich mir das auch vor. Und man darf ohne Zweifel definieren, dass die «Biennalen», die seit ca. 20 Jahren überall auf der Welt aus dem Boden gestampft werden, sich ziemlich bemühen, wichtig zu sein – mit unterschiedlichem Erfolg.
In Bern hat sich der Verein Biennale Bern gebildet, und der setzt sich zusammen aus Berner Symphonieorchester, Dampfzentrale Bern, Hochschule der Künste Bern, Kunsthalle Bern, Kunstmuseum Bern, Schlachthaus Theater Bern, Zentrum Paul Klee. Was ursprünglich für die «Bildenden Künste» vorgesehen war, ist in Bern eine Art Kunstsymposium für verschiedene künstlerische Darstellungen geworden. Allerdings ist die «Biennale Bern» nicht die erste Ausgabe, sie hat vor 2 Jahren bereits einen Anfang genommen (eigentlich sogar noch früher…). Und so stimmt die Aussage vom Kurator Roman Brotbeck im Programmheft nicht: «Mit der Biennale hat Bern etwas Einmaliges geschafft!».
Wir entnehmen dem Programmheft, dass es sich um eine Art Kunstfestival handelt, und dass «WUT» das tragende Thema ist. Vom 10. – 18. September wird ein intensives Kunstprogramm die Stadt Bern beherrschen. Die Herkunftsländer der Produktionen wurden nach «aussereuropäischen Produktionen» im 2008 nun durch Japan und Südafrika erweitert. Eine Art Weltausstellung soll es ja dann doch bleiben. Es beginnt um 10:00 Uhr morgens und dauert dicht gefüllt bis spät in die Nächte. Das Programm ist alles andere als einfach zu durchschauen. Ob dies einen Teil einer Art Performance darstellt? Eine Erklärung oder Begründung, warum Bern ein weiteres Festival braucht, und ob eine Biennale zum momentanen Zeitpunkt ein notwendiges Spektakel ist, fehlt übrigens. Der Sinn und Zweck ist leer, und irgendwie wird dieses Festival von vielen Institutionen getragen, jedoch seelenlos, zu breit und intransparent programmiert.
Der Blick in das Programm bleibt entsprechend nüchtern: Im Botanischen Garten wird uns viel über Paul Klee erzählt, im Foyer des Stadttheaters gibt es Publikumsbeschimpfungen, in der Dampfzentrale wird Heiner Goebbels «Walden» aufgeführt, und auch «Agent Provocateur»-Filme werden gezeigt, die zwar mit WUT, aber nicht unbedingt mit «aussereuropäisch» zu tun haben. Natürlich gibt es auch ganz spannende Programmteile, wie zum Beispiel die Tanzperformances und Filme zum Thema «To Serve», oder warum nicht auch mal das musikalische Berneroriginal «Mani Porno». Trotzdem gleicht das Festival einem bunten Potpourri, dem man noch alles Mögliche anfügte und den Rahmen meterweise sprengte. Vielleicht gilt es, sein eigenes «WUT»-Festival zusammenzustellen – vielleicht soll man auch einfach verzweifeln und seiner WUT freien Lauf lassen. So richtig überzeugen kann das aber alles nicht.
Wichtig: Ich kritisiere nicht die künstlerischen Elemente oder Vorstellungen, diese gilt es zu entdecken und diese könnte auch in jedeam anderen Rahmen funktionieren. Die Kritik gilt dem Rahmenkonzept, das mir auch nach längerem Studium des Programmheftes schleierhaft geblieben ist, und dem fraglichen Sinn des Festivals. Es wäre besser, wenn dieses Festival von der Hochschule aus geschaffen würde, und nicht noch mit zig Veranstaltern, die als Trittbrettfahrer mittun. Diese Verzettelung ist, was jetzt das lose Potpourri ausmacht. So ist die Biennale alles und nichts, ein weiteres Festival in Bern mit hohem Anspruch, aber kraftlos, und wohl ohne Ausstrahlung in eine Nachbarsstadt, geschweige denn ins Ausland. Soll man sich darüber jetzt ärgern und wütend werden?
Foto: zVg.
ensuite, September 2010