Von Giorgio Andreoli & Regula Schwarz — Das Restaurant Blinde Insel – in der Grossen Halle – lädt vom 5. Februar bis zum 26. März 2011 erneut zu einem sinnlichen Erlebnis ein. In völliger Dunkelheit servieren blinde und sehbehinderte Menschen ein kreatives 3‑Gang-Menu. Renommierte Kochkünstler aus der Region Bern verwöhnen die Gäste mit ihren kulinarischen Kunstwerken.
Die Blinde Insel findet immer zwischen Februar und März statt. Seit 2004 besuchten an 211 Tagen insgesamt 12’665 Gäste das Restaurant im Dunkeln. Damit der Abend in der Blinden Insel für die Gäste sorglos abläuft, arbeitet ein eingespieltes Team von drei bis vier Dunkelprofis im Dunkelbereich. Im sogenannten sehenden Bereich arbeiten zwei oder drei Personen im Service und zwei in der Küche.
«Kostprobe» – eine musikalisch begleitete Textkreation von Mireille Gugolz und Clod
Dieses Jahr wird das Dinieren in der Blinden Insel von verschiedenen Kurzlesungen (ab Band) begleitet. Neben den Texten von Franz Hohler («Fägswil» 9.2. – 12.2. & 23.3 – 26.3.) und Pedro Lenz («Mir luege zunenang» 16.02. – 5.3.) ist auch eine musikalisch begleitete Eigenkreation von Mireille Gugolz und Clod zu hören («Kostprobe» 9.3. – 19.3.). Die beiden Künstlerinnen entführen die Gäste in völliger Dunkelheit mit ihrer feinen, witzigen und poetischen Kostprobe in die Welt der tausend Sinne.
Während einer etwas ver-rückten akustischen Teezeit werden die Hörenden mit der roten saftigen Mitte einer Traube um den Verstand gebracht. Ein kleines schwarzes Loch zieht ihre Seele weit hinaus, und lässt die Herzen mitten in einer Ballade über die Feuerliliaison landen. Die Feuerliliaison überlässt es dem Ohr selbst, ob es sich dabei um ein romantisches Liebesdilemma oder ein tragisches Happyend handelt.
Mireille Gugolz ist Theaterschauspielerin und schreibt eigene Texte. Sie ist damit auf Kleinkunstbühnen oder in Strassentheatern zu hören und zu sehen. Clods Passion ist Jazz und andere Musik. Sie ist die Pianistin des Quartetts Sonaer und tauft am 4. März ihre erste CD. Mit «Kostprobe» präsentieren die beiden Frauen ihr erstes gemeinsames Produkt.
Was war eure Motivation zu dieser musikalischen Kostprobe?
Mireille: Einige meiner Texte konnte ich zwar schon auf der Bühne zeigen. Dies war jedoch immer im Zusammenhang mit Schauspiel und Bewegung. Mich interessiert nun, wie meine Texte wirken, wenn man sich ausschliesslich darauf konzentrieren kann, wie sie tönen und klingen. Ich liebe die Verbindung von gesprochenem Text und Musik und wollte dies im Kleinen ausprobieren – eben in einer «Kostprobe». Clod’s Musik umhüllt die Texte mit der für mich perfekten Stimmung.
Clod: Piano spielen ist für mich so selbstverständlich motiviert wie Butterbrot essen. Nach der ersten köstlichen Probe mit Mireille stellte sich die Motivationsfrage ausserdem sowieso nicht mehr.
Woher holt ihr die Inspiration für Text und Musik?
Mireille: Tanztupfen, Hexengefühle, Flügelnoten, Mandolinenküsse. Ich versuche, mir in den Mund zu legen, was mir im Herz herumgeistert. Mal schenkt mir auf dem Markt jemand einen Bund Trauben, oder dann ist soeben der Frosch an mir vorbei geritten. Manchmal provoziert mich auch einfach nur ein Wort, das ich mit Stift und Blatt zu bändigen versuche.
Clod: Meine Kompositionen und Improvisationen überraschen mich oft aus dem Nichts, wie also wissen, woher sie kommen? Was ich aber als Inspirationsquellen eindeutig erkennen kann sind: Koreander, süsser Senf und dunkles Bier.
Welche Botschaft steckt in den Texten?
Mireille: Es ist, was man hört. Ich lasse meinen Gefühlen und Gedanken freien Lauf. Dabei kommt schon auch mal etwas Politisches oder Sozialkritisches an die Luft. Hauptsächlich will ich aber einfach tun, was mir gefällt. Wenn es anderen auch gefällt und sie inspiriert, freue ich mich umso mehr. Ja, vielleicht ist das meine Botschaft: Lass deine Seele an die frische Luft und tu, was dir und anderen gut tut. Banal – wie das Leben, oder?
Wie verbindet sich die Musik mit den Texten?
Clod: Es braucht weder Maisstärke noch Gelatine, soviel ist klar. Ob sich Musik und Text verbinden, entscheidet sich letztlich bei der Zuhörerin, einzig das ist bedeutsam. Ich bin auch Zuhörerin und wenn ich eine gelingende Verbindung erlebe, dann ist das mindestens ebenso so ergreifend wie ein coq au vin.
Foto: zVg.
ensuite, März 2011