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Bouton fliegt in Johanas Schuh davon

Von Lukas Vogel­sang — Mit Fröh­lichkeit dem Tod begeg­nen ist ein guter Ver­such, des Lebens einzigem Ziel zu begeg­nen – der Film „Bou­ton“ ist aber alles andere als fröh­lich. Bei der Schaus­pielerin Johana Bory beschle­u­nigte der Brustkrebs den Lebensweg. Als sie mit der Diag­nose «noch unge­fähr ein Jahr» kon­fron­tiert wurde, wollte sie noch unbe­d­ingt in einem Spielfilm mit­spie­len. Wie kann man in einem Jahr einen Spielfilm real­isieren?

Res Bal­zli, ein Pro­duzent und Bekan­nter von Johana Bory, hat sich dieser Auf­gabe gestellt. Mut gemacht hat ihm Dieter Fahrer, mit dem er in Bern eine Film­pro­duk­tions­fir­ma führt. Die tech­nis­chen Grund­la­gen und das Pro­duzen­ten­team waren also schon mal einiger­massen gegeben. Die Geschichte gab sich unfrei­willig von selb­st.

Johana Bory war nicht nur Schaus­pielerin, son­dern auch Bauchred­ner­in – ein nicht alltäglich­es Beruf­s­mit­bringsel, und in diesem Film ein Glücks­fall. Borys Puppe hiess Bou­ton und die gibt dem Film in sein­er ganzen Trau­rigkeit die nötige Leichtigkeit. Viel ein­fach­er wird die Sit­u­a­tion dadurch allerd­ings nicht.

Es waren schlussendlich nur 10 Stun­den Film­ma­te­r­i­al vorhan­den. Die Drehar­beit­en waren auf 15 Tage beschränkt, 12 Tage davon kon­nten mit Johana Bory gedreht wer­den. Einen Monat später starb sie. In ihrem Mor­phi­um­rausch war es ihr oft kaum möglich zwei Sätze zu behal­ten – auch zu gehen war schwierig. Sie hat den fer­ti­gen Film nicht mehr gese­hen. Die Krankheit hat­te es sehr eilig.

Unter solchen Umstän­den einen Film zu erstellen und zu gestal­ten, ist eine schwere Last für das Team. Das spürte auch die Cut­terin Loredana Cristel­li, die, nach­dem sie das Film­ma­te­r­i­al gese­hen hat­te, für die nötige Trauer­ar­beit eine Auszeit brauchte. Dass Res Bal­zli diesen Film sel­ber real­isierte, nach­dem er sich einst aus dem Filmgeschäft zurück­ge­zo­gen hat­te und sich dem Auf­bau ander­er Pro­jek­te wid­mete, wie zum Beispiel dem Hotel­pro­jekt «Auberge aux 4 vents» in Freiburg oder dem Kul­turla­bor «La Cor­bière» bei Estavay­er über dem Neuen­burg­ersee, war reine Nothil­fe. Kein­er sein­er Filmerkol­le­gen hat­te den Mut oder genug Utopie im Blut, für dieses Pro­jekt Regie zu führen.

Doch es gelingt Res Bal­zli, ohne Pathos, aber mit sehr starken Szenen, sich filmisch der Trau­rigkeit zu stellen. Johana Bory wird zu unser­er Fre­undin und wir ver­ab­schieden uns emo­tion­al von ihr. Die Zuschauer – auch ohne je Johana Bory gekan­nt zu haben – begeg­nen ihrer eige­nen Trau­rigkeit, als wäre es eine Geschichte aus unserem per­sön­lichen Umfeld. Der Film ist ein Messer­stich in unsere behütete Gefühlswelt, macht uns zer­brech­lich und erfüllt uns mit enormer Trau­rigkeit. Da entste­ht viel Schmerz, der auf der Lein­wand gar nicht sicht­bar ist. Und es gibt kein «Hap­py-End» – oder doch? Mit diesem Film hat Res Bal­zli und Johana Bory eine grossar­tige Erin­nerung an das Leben geschaf­fen. Wer den Film gese­hen hat, verän­dert seine eigene Beziehung zu seinem Leben. Das ist grossar­tiges emo­tionales Kino. Johana, du hast deinen Spielfilm gespielt!

Foto: zVg.
ensuite, Mai 2011

Artikel online veröffentlicht: 24. Januar 2019