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Copacabana

Von Lukas Vogel­sang — Isabelle Hup­pert spielt die äusserst ver­rück­te Babou. Ver­rückt ist wirk­lich gemeint – Babou ist neben den Schuhen, fürchter­lich schräg, unangepasst, eigentlich unerträglich, hat keine Arbeit und ver­saut sich mit ihrem Auf­trat­en auch die Job-Chan­cen, die sie unbe­d­ingt bräuchte. Sie nimmt nur sich wahr. Und das nervt. Auch die Tochter erträgt dieses Geplänkel nicht mehr. Babou macht es mit ihrer Sor­glosigkeit unmöglich, dass man sich mit ihr nor­mal unter­hal­ten kann. Alles was die Tochter will, ist ein nor­males Leben. Zivil­isiert. Und so entschliesst sie sich, die Mut­ter nicht an ihre Hochzeit einzu­laden. Bum! Das ist hart. Das erträgt keine Mut­ter. Inner­halb ein­er Minute ändert sich ein Leben.

Babou übern­immt in ihrer Not eine Arbeit, die eigentlich schon im Ansatz nicht ganz ver­trauenswürdig scheint. Aber Not macht erfind­erisch, zu ver­lieren hat Babou eh nichts mehr. Am Boden kann die Welt ziem­lich erfrischend neu erfun­den wer­den. Und das muss jet­zt geschehen. Doch die Ver­sprechen der neuen Beruf­swelt sind ernüchternd, und ihre Mit­stre­i­t­erin­nen eben­falls. Doch auch dies kann alles geän­dert wer­den…

Ostende, der neue Arbeit­sort, ist ziem­lich muf­fig. Auch die Mitar­bei­t­erIn­nen sind nicht grad offen für die neue Welt, und Babou kann mit ihrer Eige­nart einige Punk­te gewin­nen. Sie macht sog­ar fast Kar­riere. Es wartet viel Arbeit auf Babou, und natür­lich erledigt sie die in Babou-Art, und das geht nicht ganz ohne Kom­p­lika­tio­nen.

So glück­lich, wie Babou immer daherkommt, ist sie allerd­ings nicht, und so sozial wie sie sich gibt, ist sie eben auch nicht. Da schwingt Ein­samkeit mit. Ach, und dann kommt auch wieder die Tochter ins Spiel, und die eben ver­stossene Mut­ter erhält eine neue Chance – und kurz darauf, gle­ich nochmals…

Isabelle Hup­pert gibt die Ner­ven­säge wun­der­bar. Dementsprechend nervt der Film zu Beginn, weckt dann Inter­esse, wird schwierig, und löst sich über­raschend und mit wun­der­barem franzö­sis­chem Charme in ein­er feinen, wun­der­lichen Geschichte. Unspek­takulär gräbt sich diese in unsere Erin­nerung und hin­ter­lässt ihre Spuren. Es kön­nten auch unsere eige­nen sein: Die Geschichte ist eine von denen, die wir sel­ber täglich erleben. Weit weg vom grossen Erfolg, aber immer vom Glück begleit­et und davon nie allei­nege­lassen.

Foto: zVg.
ensuite, Sep­tem­ber 2010

 

 

Artikel online veröffentlicht: 20. November 2018