Von Simone Weber — Für das neue Jahr wünsche ich mir das endgültige Ableben des 80er-Revivals. Das sich in der Modewelt stets alles wiederholt, ist ja kein Geheimnis, aber die 80er hätte man doch bitte überspringen können. Unsagbar, was damals getragen wurde! Inspiriert vom Punk, dessen Stil auch modisch den Ton angab, machten verwegene Kombinationen die Achtziger Jahre aus. Aber auch weisse Tennissocken zu Rüeblihosen, Netzshirts ohne oder über dem T‑Shirt, das Polo-Hemd in allen Farben als Ferrari der Party- und Freizeitbekleidung bei Männern, Lederfransen an sämtlichen Kleidungsstücken und Accessoires, komische bunte Buttons mit trägem Inhalt und grauenhafte Broschen wurden getragen – je mehr, desto besser. Das Schlimme an der ganzen Sache ist, dass die Menschheit daraus anscheinend nicht viel gelernt hat, denn viele Sünden der 80er sind seit einiger Zeit wieder voll angesagt. Momentan befinden wir uns noch im Bereich des (Er)Tragbaren. Deshalb auch mein Wunsch, das Wiedererwachen dieses Jahrzehnts in der Mode an dieser Stelle schlagartig zu beenden.
Die Kleider, die uns heute nachgeworfen werden, sind glücklicherweise nicht ganz so übertrieben wie damals. Man sieht zwar hier und da ein paar komische Buttons an Jacken oder Taschen oder grosse farbige Ohrringe bei den Mädels und Nietengürtel oder Converse-Schuhe. Auch Stulpen und Pumps sind sehr begehrt. Neben löchrig zerschlissenen und mit Flicken besetzten verwaschenen Jeans in allen Farben sind auch die typischen Schulterpolster wieder sehr beliebt. Vor fast 30 Jahren trugen Pop-Stars wie Madonna oder Nena Blazer, die aussahen, als wären sie vom fettleibigen Grossvater geliehen. Die starken Schultern sollten Kraft symbolisieren und standen für Forderungen aus der Damenwelt. So fuhren die Frauen auf der einen Seite auf der androgynen Schiene, andererseits versuchten sie ihrem Look mit hohen Absätzen und Miniröcken ein bisschen Sex zu geben. Heute feiern Schulterpolster in Jacken und Blazern ihr Comeback und werden auf Modeschauen von Designern wie Stella McCartney und Yves Saint Laurent präsentiert. Sie haben aber einen ganz anderen Schnitt, weniger Kasten, weniger Volumen. Ja, ganz so schlimm sind die heutigen 80er-Blazer nicht. Die Schultern sind zwar etwas breiter, glücklicherweise aber längst nicht so breit wie damals. Die Ärmel sind enger, der Schnitt etwas mehr dem weiblichen Körper angepasst, die Schulterpolster treiben uns eher in die Höhe als in die Breite. Denn was damals ein Zeichen der Emanzipation war, erinnert heute eher an eine übergrosse Uniform – immerhin, soviel haben wir gelernt.
Auch das Tragen von alten bunten Pullis oder wildes Kombinieren von Farben sind Verirrungen der Achtziger und sollten besser nicht blindlings wiederbelebt werden. Kopiert werden darf nur in einer einigermassen aushaltbaren Form, denn die modischen Experimente aus dieser Zeit sind meist schon im Ansatz zu viel. Da können wir froh sein, dass momentan nur Elemente und keine Komplett-Looks als modisch gelten. Wir haben die Röhre, wir haben die Leggins, in allen Farben und Materialien. Ich persönlich finde sie in Leder oder Leoprint besonders scheusslich. Heute trägt man immerhin ein Kleid oder einen Rock über den Dingern, früher wurden Po und Beine auf dem Silbertablett präsentiert.
Echt hässlich sind diese neonfarbigen Fummel, die bei H&M an der Kleiderstange hängen, sie sehen heute nicht besser aus als damals. Neonfarben sollten aus der Farbpalette gelöscht werden (Printmarken sind davon natürlich ausgeschlossen)! Aber auch alle diese andern knalligen Farben, die so typisch sind für das verhasste Jahrzehnt der Mode. Gelbe T‑Shirts, grüne und rote Jeans, violette Jacken und weisse Socken. Man sollte sich auf ein farbiges Stück beschränken, dass man dann mit grau oder schwarz kombiniert. Damit erhascht man genug Aufmerksamkeit. Nur wer die 80er-Sachen mit Dezenterem kombiniert, sieht nicht wie ein verkleideter Fasnachtsvogel aus.
Ums Auffallen ging es wohl auch beim Vokuhila (vorne kurz, hinten lang), der 80er-Frisur überhaupt und Erkennungszeichen aller Mantafahrer! Stirnbänder, die die wilde Dauerwelle zurück hielten, machten die Sache nur noch schlimmer. Damals wurde niemand schief angeschaut, denn alle liefen so herum. Heute würden wir uns wohl totlachen, wenn jemand mit einer solchen Haarpracht durch die Stadt flanieren würde.
Ja, die 80er waren geprägt von modischen Experimenten (die glücklicherweise meist nicht überlebensfähig waren). Der hohe Wert von Individualität war der Freipass für wilde Kombinationen. Hauptsache extrem! Erfolgreich war, was sich von der breiten Masse absetzte. Aber geht denn das nicht auch anders? Wühlt lieber nicht in den Kleiderschränken eurer Eltern und haltet euch an die Regel, nicht zu viel 80er-Mode auf einmal zu tragen. Auch wenn es heute, wie damals, ums Auffallen geht. Hey Leute! Die 80er sind vorbei!!! Und wir wollen sie nicht wieder!
ensuite, Februar 2010