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„Das Unmögliche malen“

Von François Lilien­feld - So lautet der Unter­ti­tel ein­er ungewöhn­lichen Ausstel­lung in der Fon­da­tion Pierre Gianad­da in Mar­tigny (VS). Drei Maler sind mit zusam­men etwa 60 Werken vertreten: Fer­di­nand Hodler (1853–1918), Claude Mon­et (1840–1926) und Edvard Munch (1863–1944).

Die Bilder sind solcher­massen aufge­hängt, dass man einen direk­ten Ver­gle­ich ziehen kann zwis­chen der Art und Weise, wie die Kün­stler gle­iche oder ähn­liche The­men behan­deln. Und wie der Titel sagt, han­delt es sich um The­men, die a pri­ori nur sehr schw­er darzustellen sind, wie „Schnee“, „Wass­er“, oder sehr all­ge­mein gehal­ten wer­den, wie „Far­ben“. Ger­ade Let­ztere machen faszinierende Ver­gle­iche möglich: Bei allen drei Malern spie­len sie eine entschei­dende Rolle, doch wie ver­schiedenar­tig wer­den sie ver­wen­det! Und dass Schnee nicht nur weisse Farbe bedeutet, wird beson­ders bei Bildern klar, die in Nor­we­gen gemalt wor­den sind. Mon­et hat dieses Land besucht, und ist dabei Munch nie begeg­net. Wie ver­schieden die ver­schneit­en Häuser des Fran­zosen von den Win­ter­land­schaften des Nor­wegers sind, ist eines von manchen Erken­nt­nis­sen, die in Mar­tigny erlebt wer­den kön­nen.

Ander­er­seits zeigt das bekan­nte Bild Mon­ets mit der Loko­mo­tive im Schnee die Verbindung von Natur und Tech­nik; bei Hodler jedoch zählen nur die Berge und Seen als men­schen­leere Land­schaft.

Beson­ders reizvoll ist auch die Abteilung „Mond und Sonne“. Da wird die „Unmöglichkeit“ des Malens, oder zumin­d­est die grosse Schwierigkeit, beson­ders deut­lich: Man kann nicht gefahr­los zu lange in die Sonne sehen, und die Lichtver­hält­nisse in ein­er Mond­nacht sind nicht ein­fach wiederzugeben. Munch malt Son­nen, die man fast als imag­inär beze­ich­nen kön­nte, Mon­et wiedergibt Far­ben­spiele, die beim Son­nenauf­gang entste­hen, Hodlers Mond­schein schliesslich lässt alle Facetten nächtlich­er Beleuch­tun­gen spie­len.

Die Idee, eine Ausstel­lung nicht auss­chliesslich einem Maler, ein­er Epoche oder einem The­ma zu wid­men, son­dern Querverbindun­gen herzustellen, ist dur­chaus nachah­menswert und bestätigt ein­mal mehr, dass die Fon­da­tion Gianad­da in der Schweiz­er Kun­st­land­schaft eine beson­ders erfreuliche Rolle spielt. Die Ausstel­lung ist bis zum 11. Juni zu sehen.

Gle­ichzeit­ig zeigt das Muse­um eine Samm­lung von Schwarz-Weiss-Bildern des Pho­tografen Mar­cel Imsand, der seit 1983 die Aktiv­itäten der Fon­da­tion doku­men­tiert. Dort find­en neben Ausstel­lun­gen auch kul­turelle, vor allem musikalis­che Anlässe statt. Wun­der­schöne Momente mit Tere­sa Bergan­za, Yehu­di Menuhin, Isaac Stern, Anne-Sophie Mut­ter und vie­len anderen hat dieser beg­nadete Meis­ter der Kam­era fest­ge­hal­ten. Auch die Wirbel ein­er French-Can-Can-Vorstel­lung sind ihm nicht ent­gan­gen. Andere Porträts und Abbil­dun­gen von Kunst­werken ergänzen die pack­ende Samm­lung.

Zu bei­den Ausstel­lun­gen sind Kat­a­loge erschienen, die, wie immer bei Gianad­da, von sehr hoher Qual­ität sind.

Vom 16. Juni bis 19. Novem­ber 2017 wird in Mar­tigny Paul Cézanne auf dem Pro­gramm ste­hen, vom 6. Dezem­ber 2017 bis zum 10. Juni 2018 das grafis­che Werk von Hen­ri de Toulouse-Lautrec. Die Reise ins Wal­lis lohnt sich!

 

Bild: Claude Mon­et, Impres­sion, Soleil lev­ant, 1872  Quelle: Wikipedia