Von Sandro Wiedmer — Der Goalie kommt nach einem Jahr Knast in die triste Welt von Schummertal zurück. Im November. «Und ig es Härz so schwär, wie ne aute, nasse Bodelumpe.» – Wie gleich zu Beginn des Films versteht es die Regisseurin Sabine Boss, in Zusammenarbeit mit der Drehbuchautorin Jasmine Hoch und dem Autor der Romanvorlage Pedro Lenz, welcher ebenfalls am Drehbuch mitgearbeitet hat, Zitate aus dem Roman einzustreuen, ohne dass diese den Erzählfluss brechen würden, wie er über die stimmigen Bilder von Kameramann Michael Saxer vermittelt wird. Dies ist um so bemerkenswerter, als der Roman vorwiegend auf Sprachrhythmus aufbaut, auf die Sprachmelodie der Erzählfigur und die Dialoge – hier muss Regie und Drehbuch ein Kränzchen gewunden werden für die Leichtigkeit, mit der aus dem inneren Monolog die Übersetzung in die Objektivierung der Filmsprache gelungen ist, die eben gerade auch in stillen Momenten, in Andeutungen über Gesten und Mimik, in Zwischentönen die Geschichte entfaltet und vorantreibt.
Dass dabei die Hauptfigur intakt bleibt, im Text von Pedro Lenz über die Erzählung der subjektiven Sicht der Geschehnisse und deren Reflexion ständig präsent, ist im Film vor allem dem Hauptdarsteller Marcus Signer zu verdanken, der beinahe durchgehend vor der Kamera steht – in seiner ersten Titelrolle, notabene. Nach einer Ausbildung als Schauspieler und Animator an der Theaterwerkstatt 1230 in Bern, wo er bis 1992 festes Ensemblemitglied war, und einem Stipendiums-Aufenthalt in New York, hat er vorwiegend als freier Schauspieler gearbeitet, unter anderem am Stadttheater Bern, mit dem Club 111 und am Insitu Chur. Daneben hat er an zahlreichen Hörspielen mitgewirkt, ist in diversen Film- und Fernsehproduktikonen zu sehen gewesen, darunter dem Filmdebut der Gruppe 400asa, «Mary & Johnny», für welchen er am Berner Filmpreis-Festival 2012 den Preis als bester Darsteller erhielt.
Warum alle die Hauptfigur mit «Goalie» ansprechen, obschon er doch ein begnadeter Torschütze war, wird lange nicht klar: Erst ganz zum Schluss äussert er den titelgebenden Satz angesichts einer streitenden Kinderschar, die den Schwächsten unter Androhung von Prügeln ins Tor stellen wollen. Die Szene bringt noch einmal die Essenz dieses Charakters zu Tage, welcher in der Geschichte um Verrat, Intrigen, unglückliche Liebe und Niedertracht doch stets ein unerschütterliches Urvertrauen behält, seinen Humor und einen an Naivität grenzenden Optimismus, der ihn am Ende zum Seelenverwandten des verschrobenen Dorfpolizisten (Andreas Matti) macht. Sein Jugendfreund Ueli (Pascal Ulli) wird wohl weiterhin anderes als Tore schiessen, der Wirt (Michael Neuenschwander) nebenher krumme Geschäfte betreiben, und der Dealer aus Frankreich – der wird sich zweifellos weiter mit Schriftstellerei einen Namen machen. Und Züri West haben den Titelsong beigesteuert, auch das ist gut so.
«Der Goalie bin ig». Schweiz 2014. Regie: Sabine Boss. mit Marcus Signer, Michael Neuenschwander, Pascal Ulli, Sonja Riesen. Länge: 88 Minuten.
Foto: zVg.
ensuite, Februar 2014