Von Luca D’Alessandro - Eine Lobeshymne auf den Norwegischen Discokönig Terje Olsen alias Todd Terje: Das ländliche Mjøndalen, ein 8’000 Einwohner zählender Ort im Süden Norwegens, erregt für einmal unsere Aufmerksamkeit. Es ist der Heimatort von Terje Olsen alias Todd Terje, einem der gegenwärtig populärsten Tastenkünstler und Produzenten. Er hat geschafft, wovon in seiner Entourage wohl niemand zu träumen wagte: In den Olymp des Osloer Nachtlebens zu steigen.
Mit seinen Sounds, die dem Discogenre der späten Achtziger nachempfunden sind, hat er den Nerv einer breiten Gefolgschaft getroffen. Sein kürzlich publiziertes Debut «It’s Album Time» hält sich seit mehr als sechs Wochen auf Platz zwei der Norwegischen Albumcharts. Und auch bei uns ist der Mann mit Schnauz nicht unbemerkt geblieben.
Bryan Ferry etwas flau… Für Terje war es an der Zeit, den grossen Schritt zu wagen. Das Debut ist ihm gelungen, wenn auch vereinzelt Fachmagazine, wie zum Beispiel das deutsche «Groove», sich eher zurückhaltend äussern. Freilich kommt der Titel «Johnny and Mary» mit dem britischen Sänger Bryan Ferry etwas gar flau daher, und steht im Kontrast zum restlichen Album, welches im Wesentlichen mit Aufmerksamkeit erregenden Steigerungseffekten und hastigen Melodiesequenzen überzeugt. Dem Hörer sei daher geraten, das Album als Ganzes zu betrachten. Von einem Stück alleine lässt sich nur teilweise erahnen, welche Schätze es tatsächlich verborgen hält.
…stattdessen geht Inspector Norse unter die Haut. Terjes Album ist eine Keyboard-Klangfabrik; die Wiederaufnahme des Synthie-Pop der 1980er Jahre. Mit «Delorian Dynamite» zündet er ein Klangfeuerwerk, mit «Leisure Suit Preben» begibt er sich in die Gefilde des Kitsch, während «Inspector Norse» einen Krimi symbolisiert, der in der Liedmitte seinen Höhepunkt erfährt, dann unerwartet in sich zusammensackt und auf Sparflamme bis zum Schluss vor sich hin köchelt.
Prodigy als Vorbild Seine Verspieltheit führt Terje auf die im Breakbeat und Elektronischen heimischen Prodigy sowie auf die DJs Olle Abstract und Pål «Strangefruit» Nyhus zurück. Letztere haben im Vorfeld bereits mit Terjes Berufskollegen und Landsmann Bugge Wesseltoft zusammengearbeitet, zum Beispiel für das Album «New Conceptions of Jazz» von 2001.
In seinen frühen Teenager Jahren tüftelte Terje mit Soundbausteinen am PC. Später nahm er Klavierunterricht an der Musikschule seiner Heimatstadt. Etwas unbefriedigend für ihn, besonders weil die Schule den Schwerpunkt auf Klassik setzte. Jazz wäre ihm lieber gewesen. Und so kam es, dass er vom Pfad der Musik abkam und seinen Wohnsitz nach Oslo verlegte, um sich seinem Physikstudium hinzugeben. Sein Karriereziel schien zunächst klar, bis Terje 2001 Prins Thomas kennenlernte, einen Label Manager von HS Records in Oslo. Thomas erkannte sofort das Potenzial Terjes. Und so nahm alles seinen Lauf.
Dreamy synth layers Heute streiten sich Brancheninsider über Terjes Stil: House, Funk, Techno oder Disco? Nun gut, House könnte in etwa hinkommen, schliesslich gibt Terje mit der Wahl seines Künstlernamens seiner Hochachtung gegenüber dem New Yorker DJ und Produzent Todd Terry Ausdruck. Doch wie dies bei Musikern allgemein üblich ist, lässt auch der Norweger sich nur ungern in eine Schublade zwängen. Viel lieber liefert er gleich selbst die ihm genehmen Floskeln, etwa «catchy rhythms», «dreamy synth layers» oder «cinematic moods». Diese sagen zwar nicht gerade viel über Terjes Musik aus. Werbetechnisch sind sie aber äusserst wirksam.
Todd Terje: «It’s Album Time» (Olsen Records)
Foto: zVg.
ensuite, Juni/Juli 2014