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Der Klang erscheint im Dunkeln

Von Lukas Vogel­sang — Die «blind­en Restau­rants», die «blinde Kuh», die «blinde Insel» oder wie sie alle heis­sen ken­nen wir inzwis­chen. Essen in der Dunkel­heit war mal ein soziales Pro­jekt, um «Sehen­den» das Erleb­nis vom Blind-Sein zu ermöglichen. Eine Art All­t­agssim­u­la­tion. «Konz­erte im Dunkeln» ist auch ein solch­es Exper­i­ment. Dies­mal auf die Hörsinne aus­gerichtet. Hier ist das Augen­licht nicht zen­tral, son­dern das Zuhören. Wir alle ken­nen es: Bei ein­er musikalisch schö­nen Pas­sage schliessen wir die Augen und geben uns dem Klang hin. Wir versinken in den eige­nen Bildern und Vorstel­lun­gen und lassen uns vom Klang führen. Nach diesem Prinzip haben San­dro Schnee­be­li und Bruno Bieri eine Konz­ertrei­he in Leben gerufen, die sehr erfol­gre­ich auf Schweiz­er-Tour ist.

Dabei ist lustig, dass der Aufwand, einen Raum abso­lut dunkel zu machen, sehr gross ist. Das kle­in­ste Licht wirkt in der Dunkel­heit wie ein Schein­wer­fer. Das bet­rifft beispiel­sweise ger­ade Mobil­tele­fone. Durch eine Lichtschleuse am Ein­gang wird die Platzan­weisung von blind­en Men­schen gemacht. Das schafft ver­trauen – denn danach sitzt man im Raum und kann sich nicht durch einen Essteller ablenken lassen. Der Klang der Instru­mente wird zum Hauptereig­nis und ver­langt unsere volle Aufmerk­samkeit.

San­dro Schnee­be­li hat während den Konz­erten inter­es­sante Erfahrun­gen gemacht. So klatscht das Pub­likum nach einem Stück nor­mal, doch während dem Spiel, nach einem Solo kaum. Oder aber man weiss nicht genau, welch­es Instru­ment oder welch­er Musik­er sich wo befind­et. Das schärft natür­lich die Sinne unge­mein. Schnee­be­li und Bieri sind sich dessen bewusst und bauen das Konz­ert auch dementsprechend auf. So wird zu Beginn das Pub­likum erst mal des­ori­en­tiert und mit Klän­gen in die Irre geleit­et – das schärft bekan­ntlich die Aufmerk­samkeit. Durch die quadrophone Laut­sprecher­a­nord­nung ist den Konz­ertbe­sucherIn­nen nicht ein­deutig klar, wer, wie und wo im Raum agiert. Ein Spiel mit dem Klang und mit der Wahrnehmung – ein tolles Erleb­nis mit sehr bewe­gen­den Momenten.

Duo «Di Ven­to Suoni»
San­dro Schnee­be­li — Acoustic gui­tars, Kom­po­si­tion
Bruno Bieri — Alphorn, Hang, Örgeli, Xang, Kom­po­si­tion
www.nevemusic.ch
Reser­va­tion 076 488 01 22
info@nevemusic.ch

Foto: zVg.
ensuite, Dezem­ber 2013

Artikel online veröffentlicht: 18. Juni 2019