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DFL – Dead Fucking Last

Von Son­ja Wenger — Die Let­zten wer­den die Ersten sein – oder: Wer zulet­zt radelt, steckt die Konkur­renz in den Sack. So oder ähn­lich dürfte das Mot­to der Filmemach­er von «Dead Fuck­ing Last – DFL» gewe­sen sein, ein­er «Velokuri­er-Komödie» von Regis­seur Wal­ter Feis­tle, ein­er «ver­spiel­ten Hom­mage an die Zürcher Velokuri­er­di­en­ste, die immer wieder gekon­nt den Trend ver­passen und sich den­noch eis­ern seit über zwei Jahrzehn­ten über Wass­er hal­ten».

Tat­säch­lich scheint die Geschichte um die Velokuri­er-Genossen­schaft dreier Fre­unde authen­tisch, und ist in punk­to Detail­ver­liebtheit dur­chaus gelun­gen. Dass die Darsteller beim Dreh Spass und einen grossen Zusam­men­halt hat­ten, ist dem Film stark anzumerken. Dass die Crew unter enormem Zeit­man­gel gedreht habe, und der Film mit einem Gesamt­bud­get von nur 1,6 Mil­lio­nen Franken auskom­men musste wiederum weniger. Da zieht man glatt den Velo­helm.

Auch die Aus­gangslage ist bestens. Die drei Velokuriere und dick­en Fre­unde Tom (Michael Neuen­schwan­der), Andi (Mike Müller) und Ritzel (Markus Merz) sind zwar nicht mehr die Fittesten – bei einem Kuri­er­ren­nen zu Beginn des Films erhal­ten sie den Pokal für die «Dead Fuck­ing Last» –, aber den­noch seit über zwanzig Jahren die unange­focht­e­nen Platzhirsche in Zürich und im Geschäft. Zumin­d­est bis zu jen­em Tag, als sie plöt­zlich Konkur­renz durch die Girls-Mes­sen­gers erhal­ten. Die «Mädels» steigen mit mod­ern­er Aus­rüs­tung und klas­sisch kurzen Röckchen ins Geschäft ein, und fuch­sen den Alteinge­sesse­nen einen Kun­den nach dem andern ab.

Die Vorschläge der drei vari­ieren von aus­sitzen über ver­han­deln bis abfack­eln, und ihre Fre­und­schaft gerät gewaltig unter Druck, als sich Tom auch noch in Nina (Orana Schrage), die Chefin der Girls-Mes­sen­gers ver­guckt. Wider­willig eini­gen sich die drei auf eine mod­ernere Strate­gie, bei der Fat Frank (Roe­land Wies­nekker), ein ehe­ma­liger Genossen­schafter und heute erfol­gre­ich­er Geschäfts­mann, sprich Klassen­feind, eine unfrei­willige wenn auch schön fiese Rolle spielt.

Doch trotz der vie­len bekan­nten – und beliebten – Gesichter, die ihre Rollen mit Verve spie­len, trotz der vie­len Kreativ­ität und dem Impro­vi­sa­tion­s­geschick, das die Mach­er in den Film gesteckt haben, und trotz ein­er mehr als berechtigten Por­tion Sozialkri­tik über ver­lorene sol­i­darische Werte, ver­mag DFL nur sel­ten zu begeis­tern, ver­leit­en nur sehr wenige Szenen zu herzhaftem Lachen. Wohl zu ver­bis­sen und aufge­set­zt polemisch wird im Film an den Ide­alen der achtziger Jahre und die Bewe­gung um «Züri brän­nt» fest­ge­hal­ten. Zu kon­stru­iert wirken einige Wen­dun­gen der Geschichte, damit das oblig­ate Hap­pyend der Ver­liebten mit den gekit­teten Fre­und­schaften der Genossen­schafter zusam­menge­ht. Und zu sehr nervt auf Dauer das mit Lei­den­schaft zu Tode gerit­tene Klis­chee des ohne Unter­lass rauchen­den, bier­saufend­en und Reden schwin­gen­den Genossen­schafts­men­schen, der sich aber immer und prinzip­iell um den Abwasch drückt – Mal abge­se­hen davon, dass dieser let­zte Punkt den harten Fak­ten entspricht.

Das ist schade, denn der Film ver­fügt über viel Herzblut und zeigt eine Szene, zu der man als Men­sch des öffentlichen Verkehrs nur wenig Zugang hat, zeigt eine Seite von Zürich, wie man sie im Schweiz­er Kino sel­ten sieht. Oder, um es wie die Pro­tag­o­nis­ten im Film «fade­grad» her­aus zu sagen: Sozial­satire und Nos­tal­gie kön­nen ihren Charme haben, manch­mal gehen sie aber auch in die Hose.

«DFL – Dead Fuck­ing Last», Schweiz 2012. Regie: Wal­ter Feis­tle. Länge: 95 Minuten.

Foto: zVg.
ensuite, Jan­u­ar 2013

 

Artikel online veröffentlicht: 12. Juli 2019