Von Simone Weber — Ein Outfit kann noch so perfekt sein, wenn der Schuh nicht passt, bringt das gar nichts. Der Schuh ist das Salz in der Suppe, muss perfekt abgestimmt sein, sollte die Kleidung immer noch etwas besser aussehen lassen. Er kann aber auch alles zerstören. Wie sähe eine Braut in Turnschuhen aus?
Klar ist, dass jeder Mensch eine gewisse Auswahl an Schuhwerk besitzen sollte. Bei Männern sieht die Sache diesbezüglich etwas einfacher aus. Die Auswahl an Herrenschuhen ist ziemlich überschaubar. Die Treter gibt’s ja nur in flach! Natürlich gibt es etwas edlere Modelle, spitzig, aus Leder, aber auch ganz plumpe, schwere. Und dann natürlich die Turnschuhe oder Sneakers. In den letzten Jahren wurden sie besonders bei jüngeren Generationen der männlichen Schöpfung zum Schuh schlechthin. Sneakers sind lässig, aber trotzdem eleganter als die Turnschuhe der 80er. Wir haben also Sneakers und Halbschuhe. Vielleicht sollte man Sandalen noch erwähnen. Obwohl … da denkt man doch gleich wieder an Wollsocken in ausgelatschten Ledersandalen. Nichts ist so erschreckend wie ein paar Wollsocken in Sandalen – im Winter. Dann möchte man noch lieber einen Schneeball ans Fenster gedrescht bekommen, wenn man im Tram ein Nickerchen hält. Also Männer, lieber keine Sandalen! Flipflops könnt ihr tragen, das geht nämlich nicht mit Socken.
Praktisch an Herrenschuhen ist auch, dass sie so schnell an- und ausgezogen werden können. Kein lästiges Riemchenbinden und auch kein Schenkel zusammenquetschen, damit der Reisverschluss des Stiefels zugeht. Nein, Herrenschuhe können in Sekundenschnelle vom Fuss gesteift und nach George W. Bush geschleudert werden, wie wir in der Vergangenheit gelernt haben. Das lohnt sich auch, weil Herrenschuhe meist das nötige Gewicht besitzen, das mit etwas Schwung verbunden einen üblen Schmerz auslösen und einen blauen Fleck zur Erinnerung hinterlassen können.
Natürlich gibt’s für Herren auch andere Schuhmodelle wie Springerstiefel oder Wanderschuhe. Sie sind modisch gesehen aber nicht sonderlich relevant und deshalb hier nicht von Bedeutung.
Etwas umfänglicher ist die ganze Schuh-Sache in der Frauenwelt. Da hat die Auswahl im Laufe der Zeit eine überwältigende Grösse angenommen. Wir Damen freuen uns ausserordentlich darüber, dass wir uns nicht mehr in mittelalterlichen Schnabelschuhen promenieren müssen. Wir mögen es etwas eleganter. Dann schon eher die goldenen Sandalen, die im alten Ägypten ausschliesslich von Pharaonen getragen werden durften. Ja, königlich möchten wir uns fühlen, und wenn Schuhe sowas können, ist das umso besser.
Blöd ist nur, dass es meist die hohen Hacken sind, die uns graziös erscheinen lassen. Hohe
Hacken sind unbequem. In hohen Hacken muss man laufen können. Und das muss gelernt werden. Hat Frau den Gang raus, überzeugt sie mit einem erotisch-graziösen Po-Gewackel. Ganz praktisch ist auch, dass das «Auf-den-Zehen ‑Gehen» den weiblichen Körper in eine optimale Haltung zwingt – rein optisch gesehen natürlich. Busen raus, Bauch rein, einfach so. Ohne daran zu denken. Wirklich praktisch.
Natürlich wissen wir, dass wir mit solchen Schuhen unseren Rücken verbiegen und die Knie zerstören. Von den deformierten Zehen wollen wir gar nicht sprechen. Besonders schlimm wird’s, wenn die Schuhe, wie so oft, auch noch eine halbe Grösse zu klein gekauft wurden. In ein paar Jahren werden unsere Latschen dann zu hübschen, kleinen Lotusfüsschen, die in jedes Schühchen passen. Aber barfuss kann man sich dann nicht mehr aus dem Haus wagen. Also, besser auf den Orthopäden hören und auf klein und hoch verzichten.
Es gibt ja auch unglaublich viele Alternativen! Der perfekte Schuh muss keinen acht-Zentimeter-Absatz besitzen. Es gibt ihn, den Schuh der einem ein verstohlenes Lächeln aufs Gesicht zaubert. Auf den man zwanghaft blicken muss, wenn man die Beine übereinanderschlägt, den man absichtlich unter dem Kaffeetischchen hervorstechen lässt, ganz egal wie viele Passanten drüber stolpern.
Dieser Schuh schmiegt sich um den Fuss wie eine zweite Haut: Wir müssen uns nicht einreden, dass das Leder sich dann schon noch ein wenig ausdehnen wird. So ein Schuh lässt einen leichtfüssig schreiten, sieht wundervoll aus und hebt das gesamte Outfit auf ein höheres Niveau. Dieser Schuh kann ein Ballerina, eine Sandale, ein Halbschuh, eine Stiefelette oder was auch immer sein. Was er auf jeden Fall ist: ein Glückfall. Denn den perfekten Schuh trifft man selten.
Vielleicht brauchen wir Frauen deshalb einen ganzen Schrank voller Schuhe. Viele tragen wir nur zwei- oder dreimal. Das liegt aber nicht daran, dass sie uns nicht mehr gefallen. Schuhe wickeln uns mit ihrer Schönheit um den Finger. Aber: Je schöner, desto unbequemer. Kaum haben wir sie, landen sie für immer im Schuhschrank, weil sie zu hoch, zu kurz oder zu eng sind. Wir versuchen dann krampfhaft, den Schuh irgendwie bequem zu machen – vergebens. Also gehen wir los und kaufen uns neue. Das ist die Macht der Schuhe.
Foto: zVg.
ensuite, Mai 2010