Von Luca D’Alessandro — Floriano Inácio Junior ist ein Brazil-Jazz-Nachwuchstalent par excellence. Die Art, wie er den Samba seiner Heimat mit den Jazztraditionen Europas verbindet, ist nicht nur modern, sondern zukunftsweisend und inspirierend. Ende August hat der junge Jazzpianist sein Debütalbum lanciert. An seiner Seite: Gitarrist Ademir Candido, Bassist Dudu Penz, Saxophonist Rodrigo Botter Maio und Schlagzeuger Edu Ribeiro.
Floriano Inácio, Ihr Debütalbum trägt keinen Titel, respektive, es trägt nur Ihren Vor- und Nachnamen. Wie kommt das?
Das Album ist das erste, das unter meiner Leitung entstanden ist. Das wollte ich damit betonen. Zuvor hatte ich bereits bei Produktionen von Kaiapó mitgewirkt, einem Trio bestehend aus dem Drummer Eduardo Costa, dem Bassisten Eduardo ‹Dudu› Penz und mir. Doch für dieses neue Album bin allein ich verantwortlich.
Nebst den Ihren befinden sich darauf aber auch Stücke von Dudu Penz und Rodrigo Botter Maio.
Ja. Es ist nicht so, dass ich selber nicht genug Stücke gehabt hätte. Penz und Maio haben jedoch Stücke in ihrem Repertoire, die ich sehr gerne habe. Diese wollte ich unbedingt auf meiner Debüt-CD mit drauf haben …
…und die beiden Herren waren einverstanden?
Ja, sie fühlten sich sogar geehrt, mit ihren Stücken auf meiner CD vertreten zu sein.
Wie fühlen Sie sich in Ihrer aktuellen Formation?
Was für eine Frage, ich fühle mich prächtig! Wir haben schon so oft zusammen gespielt und in so vielen Projekten mitgewirkt, dass wir schon fast so etwas wie eine Familie sind. Stolz bin ich vor allem auch deshalb, weil mit Edu Ribeiro einer der besten brasilianischen Jazz-Schlagzeuger mit an Bord ist … Wir vier harmonieren einfach perfekt, ich kann es nicht anders sagen. Eine gute Melange!
Melange ist auch das Leitmotiv Ihrer Musik.
Es handelt sich um ein modernes Projekt, welches den Jazz mit der brasilianischen Musik, dem Choro, dem Samba und dem Bossa in Verbindung bringt. Ich versuche wenn immer es geht Einflüsse aus meiner Heimat mit jenen Dingen zu vermischen, die mich auch während des Studiums an der Jazzschule in Luzern beeinflusst haben: dem Jazz, aber auch der Klassik. Ausserdem experimentiere ich oft mit unterschiedlichen Instrumenten. Im Stück St. Karli zum Beispiel spiele ich auf dem Cavaquinho, einem portugiesischen Zupfinstrument, das ich mit einer Klavierstimme überlagere. Diese Mischung ist neu in ihrer Art. Zumindest habe ich sie bis heute noch nie gehört.
Haben Sie bereits vor Ihrer Zeit in der Schweiz in der Heimat Brasilien solche Experimente gemacht?
Nein, weil ich noch sehr jung war und den Zugang zu guter brasilianischer Musik nicht hatte.
Was meinen Sie damit?
Meine Familie hatte keine Chance, gute Musik zu hören. Auch im Radio gab es diese kaum. Wenn du keinen natürlichen Zugang zu guter Musik hast, besteht auch keine Möglichkeit, von ihr beeinflusst zu werden. Erst als ich nach Europa kam, lernte ich sie kennen. Das dank der vielen Leute, die wirklich etwas von guter Musik verstehen, weil sie bewusst nach ihr suchen.
Was ist gute brasilianische Musik für Sie?
Das ist zum Beispiel der Samba oder der Choro, oder Musiker wie Hermeto Pascoal, Egberto Gismonti und noch viele mehr.
Wie geht es bei Ihnen weiter?
Ich werde auch künftig die perfekte Melange aus guter brasilianischer Musik und modernem Jazz anstreben. Die passenden Leute dafür habe ich. Und Konzerte in Fribourg und Wien stehen auch schon auf der Agenda.
Info: www.florianoinacio.com
Foto: zVg.
ensuite, Dezember 2011