Von Lukas Vogelsang — Die Welt der Technik verändert unaufhaltsam unseren Alltag. Autos, Waschmaschinen, Zahnbürsten, Wecker, Eierkocher – Alltagsgegenstände sind digital geworden. Dies hat weitwirkende kulturelle Konsequenzen und schliesst auch ganz viele Menschen aus. Digital ist nicht besser, sondern anders. Und dieser Unterschied muss gelernt werden. ensuite versucht neue Technik zu erklären – aber auch Sinn und Zweck zu hinterfragen.
Zwei Monate bin ich jetzt mit dem „Trophy“ von HTC unterwegs. Das Smartphone hat in diesen zwei Monaten bereits einen totalen Systemabsturz hinter sich und ich habe es sogar hingekriegt, gekaufte Apps (Applikationen = Zusatz-Programme) zu „verklemmen“, so dass sie zwar gekauft, aber nicht installiert wurden. Immerhin: Alle Probleme liessen sich lösen.
Das Gerät selber hat sich – und darüber bin ich sehr überrascht und begeistert – als äusserst robust und alltagstauglich erwiesen. Sogar einige unfreiwillige Stürze auf Steinböden hat das Gerät ohne Konsequenzen überlebt. Sehnsüchtig erwarte ich aber ein Update von Windows Phone 7, dem Betriebssystem, dies wird auf Dauer zum Ultimatum, ob Microsoft auf dem Mobile-Markt Erfolg haben kann oder nicht.
Nach zwei Monaten spürt man eigentlich erst, ob ein solches Gerät was taugt oder nicht. Wir erinnern uns: Ein Smartphone ist immer noch ein Telefon, welches zusätzliche Fähigkeiten besitzt. Unterdessen ist mein Trophy zu einer Informationszentrale herangewachsen. Es braucht aber immer noch sehr viel Know-how, um ein Smartphone ausnützen zu können. Die Microsoft Office-Programme habe ich bis heute zum Beispiel noch nicht angerührt.
Meine Zwischenbilanz fällt etwas nüchtern aus: Die Batterieleistung ist wirklich zu klein. Das Trophy muss täglich ans Netz, vier Telefonate und die Batterie ist fast zur Hälfte geleert – wer noch mit den Apps rumspielt muss unbedingt bereits am Abend nachladen, sonst klingelt der Wecker am nächsten Morgen nicht mehr. Das Trophy wird durch einen 1300 mAh LiIon Akku gefüttert. Das ist für ein Smartphone einfach zu wenig (macht erst ab 1500 mAh Lilon Sinn).
Mein Speicher ist nach zwei Monaten mit viel Musik und vielen Apps und Spielen erst zur Hälfte voll. Allerdings möchte ich noch eine GPS-Software installieren, dafür muss ich mit dem Speicher haushalten lernen. Etwas Angst habe ich noch vor einem Update von Microsoft: Es könnte in gewohnter Tradition der Softwarehäuser zu viel Speicher verschlingen.
Empfang, Telefonqualität ist perfekt. Ich hatte noch nicht eine einzige Gesprächspanne und die Bedienung des Telefons über den Bildschirm läuft zuverlässig und ohne Probleme.
Mir fehlt der Datenaustausch von zum Beispiel Word- oder PDF-Dateien. Ohne dies ist das Gerät nicht bürotauglich.
Sicherheit ist noch kein wirkliches Thema beim Windows Phone 7. Das ist bedenklich.
Synchronisation Einerseits ist es schade, dass mit dem Windows Phone 7 Outlook nicht mehr automatisch mit dem Gerät synchronisierbar ist. Der grosse Vorteil ist aber, dass mein Trophy jetzt mit jedem Mail- oder Agendasystem zusammenarbeiten kann, auch ohne Kabel – und dies sogar sicherer und transparenter als über Outlook zuvor. Dazu muss aber noch tief in die Computer-Trickkiste gegriffen werden. Unterdessen sind aber mein Kalender, Adresse und auch Mails besser organisiert. Für eine reibungslose Installation braucht ein Laie aber Hilfe.
Bei meinem Totalabsturz kam zudem eine umwerfende Funktion zu Tage: Da ich das Gerät durch ein Reset in den Urzustand versetzte, hatte ich erst Angst, dass ich alle Einstellungen und Apps neu installieren muss. Durch die Verbindungssoftware ZUNE wurden aber alle installierten und eingestellten Daten vom Computer zurückgespielt und nichts ging verloren. Das war nicht nur kinderleicht, sondern beeindruckend effizient und schnell.
Die Wahrheit der Apps Alle Welt schreit nach Apps. Wer in die Smartphone-Welt einsteigen will, hat sehr viele Vorstellungen – wird aber bald enttäuscht über die Realität, was Apps leisten können. Wichtig ist erst einmal die Erkenntnis, dass Apps nicht in der Menge, sondern in der Funktion und Inhalt wesentlich sind. Eine App ist nichts weiter als ein zusätzliches Feature, welches das Mobile erweitert. Man kann sich das wie eine Armbanduhr vorstellen oder eine Krawatte: Ohne geht‘s auch. Allerdings werden Apps von Programmierern erstellt und nicht von Designern. Das hat den unschönen Nachgeschmack, dass diese Programme selten schön und funktionell sind — meistens weisen sie nur ein Qualitätsmerkmal auf. Bei einer Unmenge von ein paar 100 000 Apps, die über den spezifischen Marktplatz angeboten werden, wird dies sehr rasch zu einer unübersichtlichen Tortur – zumal jede „Krawatte“ in zig Ausführungen vorhanden ist. Bei den Apps, vor allem bei den kostenpflichtigen, kann sehr viel Geld für nichts ausgegeben werden – die meisten angebotenen Programme gibt es auch in einer anderen Version kostenlos. Die Apps können übrigens fast immer in einer Demoinstallation getestet werden. Das ist vor allem bei Spielen ganz wichtig. Ein Interessezyklus für eine App beschränkt sich gerne mal auf ein paar Wochen. Danach ist das Feature ausgereizt. Denken Sie daran: Ohne Apps kann man auch telefonieren.
Spiele für unterwegs Ich bin überhaupt kein Spieltyp. Weil mein Trophy für diese Testserie auf Herz und Nieren bearbeitet wird, habe ich mir auch zwei Spiele über den Marktplatz gekauft (Kosten total: ca. 8 Franken).
Auf dem Trophy oder auf einem Windows Phone 7 überraschen die Games durch Videoanimationen und flüssigen, schnellen Bildaufbau. Die Qualität ist verblüffend – immerhin halten wir immer noch ein Telefon in den Händen. Zwei Dinge stören aber und benötigen Gewöhnung: Die Ladezeiten der Games sind zum Teil beträchtlich und überschreiten die Toleranzgrenze oftmals. Bis das Spiel beginnen kann, ist der Bus, auf den man gewartet hatte, schon da. Zweiter Nachteil ist, dass man beim Trophy sehr gerne einen „virtuellen“ Button ungewollt berührt. Das führt unweigerlich zu einem jähen Abbruch des Spiels und bedingt einen Neustart – mit langen Ladezeiten. Bei einigen Spielen ist die Steuerung sehr klein geraten, kräftige Arbeiterfinger sind also nicht zu empfehlen. Wer sich aber mit diesen Tücken angefreundet hat, dem steht eine nette Auswahl an lustigen und gut gemachten Unterhaltern zur Verfügung. Es ist witzig, wenn man durch das Telefon in eine fremde Welt eintaucht… Lange hält das Fieber aber auch nicht – zumal wir ja immer wieder mal Ladestrom benötigen.
Fortsetzung folgt…
Foto: zVg.
ensuite, Januar 2011