Von Sandro Wiedmer — Das in Sydney gegründete Trio The Necks hat mit «Open» soeben ein neues Album veröffentlicht, das siebzehnte in ihrer mittlerweile über fünfundzwanzig Jahre dauernden Bandgeschichte. In den verschiedensten musikalischen Gefilden und Zusammenhängen aktiv, von Pop und Rock über Jazz hin zur Avantgarde, gehören Chris Abrahams (Piano), Lloyd Swanton (Kontrabass) und Tony Buck (Drums) zu den respektiertesten Musikern Australiens. Was die drei jedoch zusammen schaffen, ist eine musikalische Kategorie für sich, ihre ureigene Sprache, die sich weder einordnen lässt noch mit etwas anderem vergleichen. Obwohl die Besetzung auf ein klassisches Piano-Trio schliessen lässt, der Begriff Jazz auch nicht weit entfernt ist, Jazz ist es nicht. Oft wird auch Minimal-Music zur Beschreibung beigezogen, aber auch hier kann die Bezeichnung höchstens einem winzigen Bereich dessen gerecht werden, was aus der Interaktion der drei Musiker entsteht. Brian Eno hat sie zum von ihm kuratierten Festival «Pure Scenius» im renommierten Opernhaus von Sydney eingeladen, aber trotz einer gewissen Nähe, Ambient ist nicht, was die Necks machen. Schliesslich ist da auch noch die Rockmusik gleich um die Ecke, jedoch würde kaum wer auf den Gedanken kommen, sie als Rockband zu bezeichnen, selbst wenn Bezüge insbesondere zu Krautrock durchaus bestehen. Dann ist noch die improvisierte Musik ein Thema, aber keine Angst, selbst Leute, bei welchen schon der Begriff alleine Schreikrämpfe auslöst, den Impuls, einen grossen Bogen zu machen und weit davonzurennen, lassen sich von ihren Darbietungen faszinieren – die von A bis Z aus Improvisation bestehen.
Nun wurde einiges angesprochen was die Musik der Necks nicht ist, und es bleibt zu versuchen zu beschreiben was sie machen. Dazu muss sicher die Dimension «Zeit» eingeführt werden, denn die Necks lösen deren gewohnte Wahrnehmung auf. Ihre Stücke, die meist rund um eine Stunde dauern, lassen uns auf eine Art in ihre Welt eintauchen, die alles andere als den Eindruck hinterlässt, dass wir jetzt eine Stunde mit Zuhören zugebracht haben. Da ist die Stille, die sie mit Klängen gefüllt haben, dann wird es allmählich wieder still, und was dazwischen lag lässt sich am besten umschreiben mit Begriffen wie Meditation, Trance, Magie, mit Adjektiven wie hypnotisch, euphorisch, ekstatisch, zutiefst menschlich. Um eine Kritik zu zitieren: «Wie ein modernes Jazz-Projekt aus einem tibetanischen Kloster – bloss, dass das kein Jazz ist, und aus dem Tibet kommen sie auch nicht.» – Ein klangliches Abenteuer das sie eingehen, und an dem sie uns Teil haben lassen.
Foto: zVg.
ensuite, Oktober 2013