Von Lukas Vogelsang – Denn man versucht uns BernerInnen und Berner wieder einzureden, dass wir, neben den zu bezahlenden Steuerrechnungen und den üblen Nachzahlungsüberraschungen, genial sind. Und dies im 2005 gleich in dreifacher Potenz: Stade de Suisse, Zentrum Paul Klee und dem Altmeister Einstein. Als hätte «Bern» irgendetwas beigesteuert. Wer weiss schon die Adresse vom Einstein-Museum auswendig. Das nette Detail liegt ja gerade darin, dass Einstein Bern verlassen musste, um in Zürich den Beginn seiner Karriere feiern zu können. Toll. Und warum trug man Paul Klee nicht früher auf Händen? Es ist fast beschämend, dass man «sein» Museum trotzdem hier baut. Auch das Stade de Suisse ist von der Privatwirtschaft initiiert und gleicht deswegen auch mehr einem Einkaufszentrum der heimische Fussballclub muss auswertig trainieren und hat nur das Recht auf ein paar Spiele…
Doch «Bern» klopft sich lautstark auf die Schulter. So stark, dass sogar der Schweizerhof vor lauter Staub nur noch hustet und seinem Ableben gefährlich nahe kommt. Was habe ich gelesen? Die Investitionen würden sich auf 30 bis 35 Millionen belaufen. Attraktiv, vor allem wenn man bedenkt, dass in ein paar Jahren der gesamte Bahnhofsplatz eine Grossbaustelle sein wird. Dabei könnte man mit dem Investitionsgeld doch gleich das Dach über dem Bahnhofsplatz bauen, ein paar Hängematten darunter hängen und hätte damit erst noch die boomende Touristenbranche revolutioniert. Hängematten sozialisieren einfach und genial.
Und es geht weiter: Bern macht’s. So heisst es in einer «Logo-Werbeschrift» von der Wirtschaftsförderung Bern. Bern verkaufe sich unter seinem Wert, sei oft gesagt worden. Schön und gut. Nur, arbeitet erstens die Wirtschaftsförderung nicht an einer wirklichen Attraktivität dieser Region (das weiss jeder und jede, die in diesem Kanton einen Kleinbetrieb oder eine GmbH eröffnen will…) und zweitens machen die Falschen mit diesem Logo noch Geld. Dieses Logo sollte jeder Berner-Firma «geschenkt» werden — quasi als Dank, dass sie hier überhaupt noch tätig ist. Einzig in einem Punkt in dieser Werbeschrift gebe ich lauthals Applaus: «Oft gehe vergessen, dass im Kulturbereich das Angebot von Bern weitgehend unterschätzt wird.» Ja! National hat man schon lange erkannt, dass Bern ein einzigartiges Kulturmagazin besitzt. Nur Bern macht’s sich dabei schwer. Bern macht’s eben!
Foto: zVg.
Publiziert: ensuite Ausgabe Nr. 28, April 2005