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EDITORIAL Nr. 61 Bern

Von Lukas Vogel­sang – Kul­tur ist nicht nur Kul­tur, nur um der Kul­tur willen. Viele Ver­anstal­ter laden zu ihren Ver­anstal­tun­gen ein, ohne einen Grund zu nen­nen. Doch, warum soll ich in dieses The­ater? Warum soll ger­ade dieses Konz­ert mir eine Stern­stunde sein? Was ver­spricht mir die Chore­o­graphin in ihrer Tan­za­uf­führung?

Per Tele­fon erk­lärte mir ein Press­esprech­er ein­er grösseren Insti­tu­tion, dass es für einen nor­mal­sterblichen Besuch­er pro Jahr ca. zwei kul­turelle High­lights gäbe und son­st Kul­tur im All­ge­meinen eher unter­hal­tenden Wert hätte. Ich solle das nicht so eng sehen. Vielle­icht gehöre ich zu den weni­gen Ide­al­is­ten, die Kul­tur noch als wichtiges gesellschaftlich­es Gut erken­nen will. Natür­lich muss nicht alles kün­st­lerisch super­hochste­hend sein. Aber min­destens die Inten­sität sollte doch stim­men. Und da ich sel­ber der Kleinkun­st­szene entsprun­gen bin, finde ich eine solche Def­i­n­i­tion sehr entwürdi­gend. Zudem finde ich es nicht kor­rekt, für mehr Kul­turgeld zu jam­mern und sich von ein­er Kom­merzkul­tur tren­nen zu wollen — aber sich eigentlich genau in dieser bunt-trällern­den Unter­hal­tungsin­dus­trie zu bewe­gen. Der Kul­tur­markt ist haupt­säch­lich ein Unter­hal­tungs­markt — die 17 Mil­liar­den Umsatz pro Jahr in der Schweiz wer­den nicht mit der Kleinkun­st gemacht oder mit dem Galeris­ten nebe­nan. Aber die Zahlen machen ver­ständlich, dass der Begriff «Kul­tur» vor allem aus einem grossen Missver­ständ­nis beste­ht. Im Jahre 2007 fehlte es in ein­er Enter­tain­ment-Gesellschaft nicht an Unter­hal­tung. Das kul­turelle Überange­bot sollte uns schon lange ein Warn­fin­ger sein, und man erin­nere sich an das gold­ene Kalb…

Ein neues Jahr, neue Vorsätze und neue Erken­nt­nisse. Und ich hoffe, dass dieses belan­glose und trashige Unter­hal­tungs­ge­plänkel auf den Büh­nen und die dumpf­back­ene Bratwurstkul­tur etwas reduziert­er ins Ram­p­en­licht gerückt wer­den. Ich kann es nicht mehr mit anse­hen. Schliesslich will ich als Men­sch das Denken ler­nen, und nicht dieses vergessen.


Foto: zVg.

Pub­liziert: ensuite Aus­gabe Nr. 61 Bern, Jan­u­ar 2008