Von Lukas Vogelsang – Kultur ist nicht nur Kultur, nur um der Kultur willen. Viele Veranstalter laden zu ihren Veranstaltungen ein, ohne einen Grund zu nennen. Doch, warum soll ich in dieses Theater? Warum soll gerade dieses Konzert mir eine Sternstunde sein? Was verspricht mir die Choreographin in ihrer Tanzaufführung?
Per Telefon erklärte mir ein Pressesprecher einer grösseren Institution, dass es für einen normalsterblichen Besucher pro Jahr ca. zwei kulturelle Highlights gäbe und sonst Kultur im Allgemeinen eher unterhaltenden Wert hätte. Ich solle das nicht so eng sehen. Vielleicht gehöre ich zu den wenigen Idealisten, die Kultur noch als wichtiges gesellschaftliches Gut erkennen will. Natürlich muss nicht alles künstlerisch superhochstehend sein. Aber mindestens die Intensität sollte doch stimmen. Und da ich selber der Kleinkunstszene entsprungen bin, finde ich eine solche Definition sehr entwürdigend. Zudem finde ich es nicht korrekt, für mehr Kulturgeld zu jammern und sich von einer Kommerzkultur trennen zu wollen — aber sich eigentlich genau in dieser bunt-trällernden Unterhaltungsindustrie zu bewegen. Der Kulturmarkt ist hauptsächlich ein Unterhaltungsmarkt — die 17 Milliarden Umsatz pro Jahr in der Schweiz werden nicht mit der Kleinkunst gemacht oder mit dem Galeristen nebenan. Aber die Zahlen machen verständlich, dass der Begriff «Kultur» vor allem aus einem grossen Missverständnis besteht. Im Jahre 2007 fehlte es in einer Entertainment-Gesellschaft nicht an Unterhaltung. Das kulturelle Überangebot sollte uns schon lange ein Warnfinger sein, und man erinnere sich an das goldene Kalb…
Ein neues Jahr, neue Vorsätze und neue Erkenntnisse. Und ich hoffe, dass dieses belanglose und trashige Unterhaltungsgeplänkel auf den Bühnen und die dumpfbackene Bratwurstkultur etwas reduzierter ins Rampenlicht gerückt werden. Ich kann es nicht mehr mit ansehen. Schliesslich will ich als Mensch das Denken lernen, und nicht dieses vergessen.
Foto: zVg.
Publiziert: ensuite Ausgabe Nr. 61 Bern, Januar 2008