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EDITORIAL Nr. 76 Bern

Von Lukas Vogel­sang – In der Schweiz wie in Deutsch­land sind die Poli­tik­er am Boden. Fast ein­stim­mig schreien sie zusam­men mit den Wirtschafts­funk­tionären nach Führung – notabene schreien jene am lautesten, die keine Lin­ie mehr haben und auch kein Konzept aufweisen kön­nen. «Han­deln soll der Bun­desrat!», schreien sie bei uns. «Wir hier unten wis­sen nicht, was wir tun kön­nten. Die Krise ist da, aber wir sind unschuldig…» Andere schreien wie die Indi­an­er…

Und weil sich alles schreiend in Unschuld wäscht, häm­mern sich die Gross­mäuler Schuldzuweisun­gen auf die wun­den Fin­ger. Haupt­sache, die eigene Kar­riere blüht und die Wieder­wahl sichert das krisen­sichere Einkom­men, wird sich der eine oder andere dabei denken. Lösun­gen bringt nie­mand. Wieso auch, die Börse steigt wieder, die Gewinne wer­den wieder hochgeschraubt und in ein paar Monat­en ist von alle­dem, auss­er eini­gen bere­inigten Bilanzen und Erfol­gsrech­nun­gen, nicht mehr viel vorhan­den. Oder wird die Krise doch eine tief­ere Spur hin­ter­lassen?

Wir brauchen jet­zt Men­schen, die neu denken kön­nen. Die alten Gedanken haben aus­gedacht. Was fol­gen muss, sind neue Ideen, Erfind­un­gen, Ansätze, Utopi­en, Illu­sio­nen und Hoff­nun­gen. Doch wer oder wie kreiert man Hoff­nun­gen? Sie sind unkäu­flich.

Wir brauchen neue Gen­er­a­tio­nen von Men­schen mit Aus­dauer, Wille, Frei­heits­drang, Ver­ant­wor­tungs­ge­fühl und Moti­va­tion. Doch wenn ich in die Runde schaue, so erschrecke ich ein wenig: Unsere Gesellschaft braucht zuviel Rital­in. Wir begin­nen und üben, Lösun­gen zu entwick­eln. Unsere Zukun­ft wird noch ein paar schwierigere Anforderun­gen stellen als nur eine Krise. Langsam haben wir für unsere gesellschaftliche Sit­u­a­tion eine Ein­sicht erlangt, doch Auf­buch und Wan­del sind noch weit weg.


Foto: zVg.

Pub­liziert: ensuite Aus­gabe Nr. 76 Bern, April 2009

Artikel online veröffentlicht: 1. April 2009 – aktualisiert am 16. März 2024