Von Lukas Vogelsang – Mit dem überwältigenden JA! für den Künstler-PROGR hat Bern kulturpolitisch ein Zeichen gesetzt: Dieses JA! hat eine kulturelle Bewegung formiert und gleichzeitig diese Bewegung der Stadtpolitik entzogen: Der PROGR ist «privatisiert», sozusagen. Die öffentlichen Kulturkonzepte haben auf den PROGR keinen Einfluss mehr, wie auch die gesamten zukünftigen politischen Interventionen.
Das enthält natürlich eine gewisse Brisanz. Ich habe nicht Angst, dass der PROGR mit der Finanzierung Probleme haben wird. Was einem selber gehört, das erhält mehr Herzblut, und es macht jetzt für Aussenstehende Sinn, in den PROGR zu investieren. Die Gefahr lauert sodann auf einer anderen Seite: Aus dem Provisorium freigelassen, kann der PROGR jetzt loslegen und seine Magnetkraft verstärken. Das werden die anderen Kulturveranstalter zu spüren bekommen – just jene, die subventioniert sind. Und so wird die Dynamik des PROGR wie ein Schatten über diesen liegen…
Einen langen Schatten wirft aber auch die Diskussion um das Berner Ballett. Weiss der Himmel, was für eine Schnapsidee es ist, ein Ballett zu opfern, nur um ein bisschen Geld sparen zu wollen — obwohl alle wissen, dass es ein Trugschuss ist. Anstatt gewaschen, werden stinkende Socken einfach weggeworfen. Die Stadttheater-Führungskräfte, und dabei meine ich die AdministratorInnen, führen sich auf wie die Kapitäne eines sinkenden Schiffes: Sie springen erst ganz am Schluss. Diese Politik zeigt vor allem auf, wie phantasielos, wirtschaftsfremd und uninteressiert die Leitung vom Stadttheater Bern an ihrem Theater ist. Dabei zeigt gerade eine PROGR-Abstimmung den wahren BernerInnen-Willen.
Mit viel Willen bauen wir zur Zeit das ensuite – kulturmagazin neu auf. Mit der Nummer 80 (August) wollen wir ein Zeichen gegen den medialen Zerfall der Kulturmedien setzen. Die «Berner Zeitung» macht auf Promi-Bildli, «Der Bund» wird zum Snob-Tagi, der Tagi-Züritipp ist zu kommerziell und die «NZZ» hat aufgegeben. Zeit, dass die Medien Kultur wieder ernster nehmen.
Foto: zVg.
Publiziert: ensuite Ausgabe Nr. 78/79 Bern, Juni/Juli 2009