Von Lukas Vogelsang – Künstler beharren heute sehr präzise auf dem Wert ihrer Arbeit. Kunst kostet – das stellten wir in der Redaktion wieder mal fest, als wir die Preise eines klassischen Konzertes oder einer Oper vor Augen hatten und als uns die Fachstelle Kultur aus Zürich mitteilte, dass sie nur «professionelles, das heisst angemessen entlöhntes Kulturschaffen mit Kulturfördermitteln» finanzieren wolle. Es ist so: Den Preis für Kulturelles und Kunst zu bezahlen setzt die Bereitschaft dafür voraus – sonst funktioniert der Kunstmarkt nicht und dabei ist es egal, ob wir von einem Konzert, Theater oder einem Bild sprechen. Ohne dieses Geld bleibt jede künstlerische Tätigkeit brotlos. Dem Gegenüber ist der Inhalt, der Sinn und die Idee hinter einem Projekt oder einem Werk selten Gegenstand einer Diskussion. Das Philosophieren gehört nicht mehr zu unserem getwitterten und facebookenen Alltag. Wir leben heute flüchtig – auch finanziell.
Der Staat oder die öffentliche Hand sind deswegen wichtige Förderstellen, ein gutes Beispiel ist dabei der Film. Ein kultureller Film (wie das auch zu definieren sein soll) kostet in der Entstehung viel Geld und man geht nicht davon aus, dass jener durch Aufführungsgewinne dies wieder einspielt – zumindest im Filmmarkt Schweiz. Also muss ein Film vor der Produktion bereits durchfinanziert sein.
Da entsteht natürlich ein Problem für die Filmbranche und bei den Fördergeldern herrscht Gedränge: Der Bund muss seine Kulturausgaben politisch und juristisch erklären können. Ihm geht es nicht um die Wichtigkeit des Inhalts, sondern um die Repräsentation gegenüber der Politik oder den anderen Staaten im allgemeinen Wettbewerb. So hat das Bundesamt für Kultur (BAK) die Leuchtturm-Philosophie durchgesetzt und stärkt vor allem Erfolgsprojekte – ausgerechnet jene, die an der Kinokasse noch am meisten Erfolg haben könnten. Doch im Gegenzug erhält die Schweiz dadurch Filme, die sich im internationalen Wettbewerb zeigen und damit wieder Geld für den Film, durch Co-Produktionen zum Beispiel mit anderen Ländern, in die Schweiz bringen könnten. «Könnten», denn das ist ein Prozess, der Zeit braucht. Ergebnisse sind noch keine greifbar, was die Branche verständlicherweise ärgert.
Die vielen Filmschaffenden, die nicht zu dieser Erfolgskategorie oder zu diesen Hype-FilmerInnen gehören, müssen mit der regionalen Filmförderung zurechtkommen. Das heisst weniger Geld und mehr Konkurrenz und dadurch weniger Möglichkeiten aufzusteigen. Für die regionale Filmförderung hingegen ist die Situa-tion ganz blöd: Sie ermöglichen das Überleben der Filmschaffenden so lange, bis diese ihren Film beim BAK unterbringen können oder keine Kraft mehr haben und aufgeben. Die Regionalen mutieren damit zur Sozialhilfe – denn diese Filme haben kaum eine Chance im Wettbewerb. Wer’s trotzdem schafft, wird von der nationalen Politik gelobt und gehätschelt – als wären sie die Helden und verantwortlich dafür. Irgendwie auch verständlich, dass dies Frust hervorruft – für alle Beteiligten. Es scheint, dass hier ein Gedanke nicht wirklich gedacht worden ist.
Aber wer jetzt meint, dass die Verbände oder die Filmschaffenden selber an einer konstruktiven Lösung interessiert wären, ist getäuscht. Das Einzige, was gefordert wird, ist noch mehr Geld für den Film. Dabei bräuchte es schlaue Lösungen. 40 Millionen werden jährlich vom BAK für den Film ausgegeben – und eben, irgendjemand muss das bezahlen. Dass die Steuerzahler-Innen nicht unbedingt Lust haben, jeden Rappen in die Wirtschaftsförderung zu stecken, die schlussendlich, wie wir von der Krise her wissen, den anschliessenden Erfolg für sich behalten, ist doch verständlich. Die Filmschaffenden wollen Geld, das BAK will qualitativen Film und gestärkt werden durch die Politik – und irgendwie finden diese Gruppen nicht zusammen. Und vielleicht hat dann irgendwann das Publikum auch noch was zu sagen.
Foto: zVg.
Publiziert: ensuite Ausgabe Nr. 84, Dezember 2009