Von Lukas Vogelsang – Am 18. und 19. März fand in Luzern zum 10. Mal das Forum Kultur und Ökonomie statt. Das ist das grosse Treffen der Kulturförderungsinstitutionen der Schweiz. Hier treffen in einem Saal ca. 130 KulturgeldverteilerInnen zusammen, die jährlich Kulturbeiträge von ca. 2,5 Milliarden Franken verteilen. Ein nettes Sümmchen und man ist irgendwie beruhigt, dass niemand mit dem Ferrari vorfährt.
Zwei Tage, um über den Sinn und Unsinn und die Probleme der Kulturförderung zu sprchen, ist sehr knapp bemessen. Und es muss laut gesagt sein, dass dieser Event für alle harte «Arbeit» bedeutet. Das Tagesprogramm setzte sich aus einer Vielzahl von Vorträgen zusammen und ging fast nahtlos von einem Redner oder Rednerin zum nächsten Thema – ganz im Sinne von: «Verdauen können Sie noch den ganzen Rest vom Jahr».
Die Tagung fand übrigens im neuen Südpol in Kriens bei Luzern statt. Dieses Zentrum ist noch im Aufbau, aber bereits jetzt ein spannender Kulturort geworden, der noch viel von sich hören lassen wird.
Die Jubiläumsveranstaltung stand unter dem Motto: «Kunst macht glücklich» – ein Ausspruch, der viel Interpretation zulässt und auch viel zum Schmunzeln bietet. So machte Prof. Dr. Gerhard Schulze mit seinem Referat «Geld für Kunst – Skizzen zu einer Rede an den Steuerzahler» einen perfekten Auftakt mit seinen Definitionen zu «Glück 1» und «Glück 2». Die beiden Glücke kann man einfach mit der Definition von «Sein und Haben» von Erich Fromm unterscheiden. Er legte aber damit den Grundstein für die Pausengespräche der dampfenden Kulturförderinnen und Kulturförderer.
Über den Inhalt und die Referate muss ich in der Tat selber noch ein bisschen Verdauungsarbeit leisten. Qualitativ war die gesamte Bandbreite von «nützlich» bis «fragwürdig» vertreten. Aber: Der Anlass an sich ist sehr wichtig und vor allem für Aussenstehende spannend.
Zwei Dinge sind mir besonders aufgefallen: Selbst die Kulturförderungselite der Schweiz redet stets über Kultur – meint aber genaugenommen oftmals nur «Kunst». Diese Begriffe werden verwechselt – spricht man jemanden darauf an, reagieren diese abweisend. Dabei wandeln sich die Begriffe «Kultur» und «Kunst» mit der gesamten Bewegung der Menschheit und müssen immer neu definiert werden. Deswegen ist es auch kein Wunder, dass die Politik bei jeder Sparübung dieses «verwuschelte» Kulturwesen von der Bühne werfen will. Und gerade diese Definitionsauseinandersetzung wird von der Kulturgemeinschaft permanent abgewunken. Das war auch an dieser Tagung sehr gut spürbar. Kulturelle Werte werden über den Hype zeitgenössischer Kunst definiert – nicht aber über traditionelles Kulturschaffen.
Das Zweite, was mir aufgefallen ist: Das Forum Kultur und Ökonomie ist eine Inselveranstaltung der Kulturelite. Hier klopft sich ein kleines Universum auf die Schultern oder weint sich daran aus. Aber was entsteht daraus? Wer reflektiert diese Gemeinschaft? Die Politik, die sie wie ein Feinbild zu überzeugen versucht, dass Kultur «so wichtig» ist? Die Kulturschaffenden und KünstlerInnen, die sich vor allem für ihre eigenen Wünsche und Forderungen stark machen? Oder die BürgerInnen, die durch ihr Fernbleiben, durch kulturelle Verweigerung, ihr Feedback geben?
Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass wir Kultur und Kunst durch eine fixe Wertdefinition verankern können. Aber zumindest muss der Kulturwirtschaft selbst (um auch dieses schöne Wort einmal zu verwenden) mit jeder Bewegung klar sein, dass diese Grunddefinitionen nicht einfach gegeben und wir Menschen dazu verdammt sind, immer weiterzusuchen. Das betrifft die «Kulturgegner» genauso. Das Paradies ist noch in weiter Ferne.
Foto: zVg.
Publiziert: ensuite Ausgabe Nr. 88, April 2010