Von Jasmin Amsler — Begonnen hat alles Mitte der 90er-Jahre. Eine Reihe von Filmenthusiasten träumten von einem in Bern einmaligen Ort, der Kino- und Gaumenfreude verbindet. Den Platz für die Verwirklichung dieses Traums fanden sie in einer ehemaligen Industriehalle in der Matte. 1995 wurde die «Cinématte – Kino & Bistro AG» gegründet. Der Leitgedanke, wonach die Gäste in der Cinématte einen schönen Abend verbringen sollen — im Restaurant etwas Gutes essen und ein paar Schritte weiter einen interessanten Film schauen — gilt auch noch heute.
«Anfangs erlebte der Betrieb einen regelrechten Boom», erzählt Bernhard Schürch, seit 2001 Betriebsleiter des Kinos, «mit der Zeit wurde aber die Neugierde der Leute und damit auch der Erfolg kleiner». Das Matte-Hochwasser von 1999 gab dem angeschlagenen Betrieb den Rest. Ein Jahr später ging das Unternehmen Konkurs. Die Aktiengesellschaft wurde in den Kulturverein Cinématte umgewandelt. Dieser war von nun an für das Kino zuständig, das Restaurant wurde als Einzelfirma geführt. Im Sommer 2000 wagten Kino und Restaurant unter dem Namen «Cinématte Restaurant – Bar – Kino» einen gemeinsamen Neustart, doch schon 2005 trat die Aare erneut über die Ufer und verursachte einen Totalschaden. «Im Kinosaal stand das Wasser einen Meter hoch. Dank einer guten Hochwasserversicherung und grosszügigen Spenden konnte der Betrieb wieder aufgebaut werden», erinnert sich Schürch. Trotz dem immer wieder drohenden Hochwasser hielten die Betreiber am Standort fest, die Cinématte gehöre nun mal an die Aare. Das Unglück nahmen sie vielmehr zum Anlass, einige schon länger anstehende Umbauarbeiten anzugehen. So ist der Kinosaal heute mit der flexiblen Bestuhlung für allerart Anlässe nutzbar.
Die Cinématte versteht sich als Reprisenkino und will das Interesse an der schweizerischen und europäischen Filmkultur fördern. Auf die Leinwand kommen gute und kleine Filme, Filme, die überraschen, aber auch ältere und neuere Klassiker. Ein besonderes Augenmerk legt das Kino ebenso auf künstlerisch wertvolle, aber von kommerziellen Lichtspielhäusern als nicht gewinnbringend eingestufte und darum nur kurz oder gar nicht gezeigte Filme. Fixpunkte im Programm bilden neben den meist thematisch gestalteten Hauptreihen jeweils die Reihen Song & Dance Men (3. Donnerstag im Monat) und die Gelben Kinonächte (1. Donnerstag im Monat). Song & Dance Men beleuchtet verschiedene Anknüpfungspunkte innerhalb popmusikalischer Genres, jeweils mit Einführung namhafter Musikjournalistinnen und ‑journalisten. Die Gelben Kinonächte werden in Partnerschaft mit der Post durchgeführt und warten mit Klassikern der Filmgeschichte auf. Die Cinématte ist nicht zuletzt auch als Plattform für Kurzfilme bekannt. «Laut Swiss Films zeigen wir schweizweit gar am meisten Kurzfilme», erzählt Schürch nicht ohne Stolz.
Gelegentlich arbeitet die Cinématte mit anderen kulturellen Veranstaltern wie dem Kornhausforum oder den früheren Berner Tanztagen zusammen. Diese Zusammenarbeit gefällt Schürch besonders, weil sie das Programm bereichert. Dass das Kino nicht über fixe Verträge mit Verleihern verfügt, sieht der Betriebsleiter als Vorteil; dadurch kann das Programm flexibel gestaltet werden. Trotz dieser Freiheit ist die Programmation aber kein Zuckerschlecken. «Manche Filme müssen aus dem Ausland importiert werden und das ist oft schwierig. Zudem gibt es von vielen Filmen nur noch wenige Kopien und diese sind teilweise kaum mehr auffindbar; oder schlichtweg nicht mehr verfügbar.» Schürch träumt davon, einmal den Pink Panther oder eine Horrorfilmserie nach Bern zu bringen.
Wie bei vielen unabhängigen Kinos ist das Programm auch stark von den Finanzen abhängig. Trotz magerem Budget versucht Schürch und sein Team, ein jeweils offenes und vielfältiges Programm zusammenzustellen. Zu Geld kommt das Kino durch die Vermietung des Saals an Gruppen, durch Mitgliederbeiträge aus dem Verein und Eintritte, wobei letzteres am wenigsten einbringt. Subventionen erhält das Kino keine. Dass ein Betrieb wie die Cinématte ohne staatliche Hilfe möglich ist, sei schon eher unüblich, erklärt Schürch. «Es wäre schön, von der Stadt finanzielle Unterstützung zu erhalten.» Nichtsdestotrotz macht ihm gerade diese Herausforderung auch Spass. «Das knappe Budget hält einen auf Trab, man muss neue Wege suchen und das macht die Arbeit sehr abwechslungsreich.»
Für Anfang 2009 plant die Cinématte eine Publikumsbefragung. Ziel ist es, die Wünsche und Bedürfnisse der Besucher kennen zu lernen und so einer möglichen Publikumsflaute entgegenzuwirken. Schürch blickt dennoch positiv in die Zukunft. «Ich glaube an unseren Betrieb, an die Anziehungskraft der attraktiven Räumlichkeiten und an unser tolles Team.» Ein weiterer wichtiger Faktor sei die Qualität, sowohl im Restaurant wie im Kino, denn diese zahle sich immer aus. «Damit lassen sich Krisen überstehen, auch wenn Kino nicht gerade ein aufstrebender Wirtschaftszweig ist», fügt er schmunzelnd hinzu.
Info: www.cinematte.ch
Foto: zVg.
ensuite, Januar 2009