Von Luca D‘Alessandro — Premiere hatte das Künstlerpaar Ania Losinger und Mats Eser mit seiner instrumentalen Tanzperformance «Shanghai Patterns» Anfang Jahr anlässlich des BeJazz Winterfestivals. Kurz darauf spielte es das Set im Moods in Zürich. Seither waren die beiden Berner in ganz Europa unterwegs, wo sie ihre Programme «Fú – getanzte Klangskulpturen», «The Five Elements» und «Aschenputtel» aufführten. Doch für das Paar war schon immer klar: «Shanghai Patterns» ist nicht auf Eis gelegt. Am 19. November ist es im Theater am Gleis in Winterthur wieder so weit.
Ania Losinger und Mats Eser: «Shanghai Patterns» hat einen speziellen Stellenwert in Ihrem Repertoire. Wieso?
AL: Weil sich dieses Projekt von unseren bisherigen unterscheidet. Gemeint ist dabei nicht die Zusammensetzung der Instrumente. Alle unsere Projekte leben nämlich gleichermassen von der Verschmelzung aus Marimba, Percussion und der Xala, einem mit den Füssen bespielbaren Xylophon. Neu bei «Shanghai Patterns» ist jedoch die Verflechtung aus verschiedenen Skizzen.
Den so genannten Patterns …
AL: … jedes Einzelne trägt seine ganz eigene Geschichte mit sich. Diese Geschichten fügen wir auf der Bühne zu einem übergeordneten Bild zusammen, das sich auf jene Eindrücke stützt, die wir letztes Jahr während unseres Aufenthaltes an der Weltausstellung in Shanghai sammeln durften.
Positive Eindrücke?
ME: Gemischte. Zum einen haben wir Shanghai als pulsierende, moderne Metropole erlebt, zum anderen trafen wir immer wieder auf Menschen, die mit dieser Moderne nicht schritthalten können. Diese Gegensätze finden sich in Shanghai Patterns wieder. Unsere Performance beginnt mit einem leichten Groove; dieser steigert und steigert sich, bis er unerwartet unterbrochen wird. Zum Schluss tauchen wir in ein Furioso ein, wobei sich Abgründe auftun …
Abgründe?
AL: Ja, wir geraten in einen Zustand des Taumels, bedingt durch den Sog der Metropole.
Sie sind zwar keine Jazzband, gehen aber nach der Methode des Jazz vor, indem Sie improvisieren.
ME: Das kann man so nicht sagen, schliesslich halten wir uns an eine fixe Grundstruktur. Freilich ergeben sich innerhalb der Patterns Möglichkeiten, aus der Struktur auszubrechen.
Die Premiere von «Shanghai Patterns» hat am diesjährigen BeJazz Winterfestival stattgefunden, einem typischen Jazzfestival.
ME: So typisch ist dieses Festival auch wieder nicht, schliesslich hat es uns einen Platz für unsere Performance gewährt, und dies obwohl wir – wie Sie sagten – keine Jazzband im klassischen Sinne sind. Unser Genre lässt sich nicht schubladisieren. Gehören wir überhaupt in die Sparte Musik? Oder eher in die Kategorie Tanz? Gar nicht so einfach …
Noch schwieriger wird es, wenn demnächst die Produktion Ihrer CD ansteht. «Shanghai Patterns» lebt von Ania Losingers Tanzperformance.
AL: Sicher, der Tanz hat einen wichtigen Stellenwert. Aber Achtung, er ist auch nur Teil eines Ganzen. Daher werden wir – ähnlich wie bei der Produktion von «The Five Elements» – für die Aufnahme unser Repertoire an Patterns neu auslegen und eine Auswahl treffen, die musikalisch in sich geschlossen und auch ohne Tanz hörenswert ist. Bis wir aber soweit sind, wird noch ein bisschen Zeit vergehen.
Foto: Fredy Villiger
ensuite, Oktober 2011