• zurück

Ein Riesenrad der Resignation — zum neuesten Woody Allen-Film

Von François Lilien­feld — Wer die beein­druck­ende Rei­he der Filme von Woody Allen ver­fol­gt, wird bald zur Ein­sicht kom­men, dass dieser Filmemach­er eher eine pes­simistis­che Natur ist. Die zwis­chen­men­schlichen Beziehun­gen, ins­beson­dere die amourösen, sind bei ihm im besten Falle kom­pliziert, oft jedoch rein unmöglich. Allerd­ings gelang es ihm immer wieder, vor Allem wenn er sel­ber mit­spielte, diese Desil­lu­sion durch einen ganz beson­deren Humor zu über­spie­len, ohne sie dabei aus der Welt zu schaf­fen. Es han­delte sich, zumal in den frühen Fil­men, um einen typ­is­chen jüdis­chen New York­er Humor, eine vom Spiel mit Worten und iro­nis­ch­er Selb­stkri­tik geprägte Welt­sicht.

Mit zunehmen­dem Alter wird Woody Allen mehr und mehr zum Zyniker, dessen Beziehungs­geschicht­en immer hoff­nungslos­er erscheinen.

„Won­der Wheel“ („Riesen­rad“), das kür­zlich ange­laufene jüng­ste Werk des Filmemach­ers, geht diesen Weg kon­se­quent durch. Wie der Titel es andeutet, ist der Schau­platz ein Luna Park: Wir befind­en uns auf Coney Island (Brook­lyn, N.Y.), einem überdi­men­sion­ierten, in sein­er kün­stlichen Hur­ra-Kulisse deprim­ieren­den „Vergnügungs“park am Strand. Die Geschichte spielt in den1950er-Jahren, die Prob­leme jedoch sind heute nicht anders. Die zeitliche Ver­frem­dung täuscht wohl Keinen!

Alle han­del­nden Per­so­n­en haben durch einen großen, mit sex­uellen Aben­teuern ver­bun­de­nen Irrtum ihrem Leben eine schwere Hypothek aufer­legt. Die einzige Aus­nahme ist Hump­ty, der durch einen Schick­salss­chlag, den Tod sein­er Frau, schw­er getrof­fen wurde.

Die Fig­uren des Filmes kön­nen sich drehen und wen­den, wie sie wollen: Die „Reparatur“ gelingt ihnen nicht. Das Ende der Geschichte bleibt offen, muss offen bleiben.

Wie in eini­gen sein­er Filme benutzt auch hier Woody Allen die Fig­ur eines Erzäh­lers, der unmerk­lich zur entschei­den­den han­del­nden Per­son wird: den Bade­meis­ter Mick­ey (Justin Tim­ber­lake), der zwis­chen der frus­tri­erten Gin­ny und der jugendlich unbeküm­merten, aber durch ihre frühere Ehe mit einem Gang­ster stark bedro­ht­en Car­oli­na (Juno Tem­ple) hin und her laviert. Car­oli­nas Vater Hump­ty (Jim Belushi), Gin­nys zweit­er Mann, gerät dabei immer mehr in ein emo­tionales Chaos, das durch die pyro­man­is­che Ver­an­la­gung von Gin­nys Sohn noch katas­trophaler wird.

Wie immer ist das schaus­pielerische Niveau außeror­dentlich hoch. Beson­ders erwäh­nt wer­den muss die stu­pende Leis­tung von Kate Winslet. Ihr ist es gelun­gen, den Über­gang von der jugendlich naiv­en Darstel­lerin – mit der ihre Kar­riere begann — zu der nicht mehr so jun­gen Frau bruch­los zu meis­tern; darin ist sie der, allerd­ings eine Gen­er­a­tion älteren, Isabelle Hup­pert ver­gle­ich­bar.

Auch die Musik ist wieder im pursten „Allen Style“. Leit­mo­tiv ist dies­mal der „Coney Island“ Song der Mills Broth­ers mit ihren her­rlichen Instru­mentenim­i­ta­tio­nen.

Artikel online veröffentlicht: 10. Februar 2018