Von Luca D’Alessandro — Mit «Your Choice» lancieren der Drummer Flo Reichle, der Bassist Toni Schiavano und der Sänger und Gitarrist Munir Hossn unter dem Namen Pedra Preta – schwarzer Stein – ein Album, das sich an die Traditionen Westafrikas und Brasiliens lehnt. Es ist eine Melange aus südländischem Temperament und wohltuender Gelassenheit, aus groovigen Rhythmen und warmen Klängen. Ein Gespräch mit Toni Schiavano an einem hochnebelverhangenen Oktobermorgen.
Toni, wie lässt sich bei dem Herbstnebel draussen das brasilianische Lebensgefühl zum Leben erwecken?
Als Sohn von italienischen Eltern steckt in mir ein gewisses südländisches Temperament. Dieses kommt immer dann zum Vorschein, wenn ich mit Leuten aus anderen Kulturen zusammenarbeite. Wenn ich also mit Munir Hossn und Flo Reichle spiele – Flo hat längere Zeit in Brasilien verbracht – kann es draussen regnen und stürmen, das Temperament sickert immer durch.
Drei Menschen mit unterschiedlichen Wurzeln: Gab es bei der Konzeption des Albums Probleme?
Nein, denn unser Album ist kein Konzeptwerk. Es ist generisch entstanden…
Zufall?
Ja und nein. Einerseits hatten wir Glück, von Anfang an eine gemeinsame Sprache gefunden zu haben. Zum Anderen stehen unsere drei Spielweisen über einem ähnlichen Nenner; dieser basiert auf brasilianischen und afrikanischen Musikformen.
Mit Munir Hossn habt ihr jemanden in der Band, der das brasilianische Kulturgut im Blut hat.
Darauf kommt es aber nicht an. Genauso wie Flo und ich fühlt Munir in sich den Wunsch, aus den eigenen Ketten auszubrechen, um Neues zu entdecken.
Trotzdem: Durch ihn erhält eure CD eine brasilianische Prägung. Kann es sein, dass Munir in dieser Konstellation gar nicht richtig ausbrechen kann?
Das Gegenteil ist der Fall. Die meisten Songs auf unserer CD stammen aus seiner Feder. Ich finde es gut, dass man Munirs Herkunft spürt. Ausbrechen bedeutet nämlich nicht, dass man auf Biegen und Brechen etwas Neues machen muss. Wichtig ist, dass man sich weiterentwickelt und mit neuen Inputs das eigene Fundament ausbaut.
Diese Inputs kommen passagenweise deutlich zur Geltung: Der Titel «Que Guell» zum Beispiel ist markant afrikanisch.
Die brasilianische Musik hat ihren Ursprung in Afrika. Über die Jahrhunderte hat sie sich weiterentwickelt und eine ganz eigene, in sich sehr verzweigte Färbung erhalten. Wir von Pedra Preta nehmen nun dieses Patchwork auf, und werfen es wie einen Pingpongball zurück nach Afrika, wo es mit den Ursprungsrhythmen interagiert. Daraus ergeben sich interessante Variationen, die übrigens auch von unserem Jazzbackground beeinflusst sind.
Damit dieses Experiment gelingt, habt ihr vermutlich Stunden im Übungskeller verbracht.
Ganz und gar nicht. Als Munir in die Schweiz auf Besuch kam, trafen wir uns auf ein kurzes Brainstorming, und spielten danach völlig unbeschwert. Das Ganze nahmen wir in einem kleinen Studio auf, und stellten es schliesslich dem Label Unit vor. Die Leute von Unit waren begeistert und schlossen mit uns den Vertrag ab.
Das tönt so einfach.
War es aber nicht. Wir hatten ziemlichen Stress am Ende.
Wieso?
Wir mussten Einiges organisieren und kamen deshalb kaum mehr zum Spielen. Doch nun sind wir sehr stolz, unser Werk einem breiten Publikum vorstellen zu dürfen. Wir können es also kaum erwarten, den Leuten den Pingpongball zuzuwerfen.
Info: www.pedra-preta.com
CD: Pedra Preta: «Your Choice» (Unit Records)
(Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Jazz’n’more)
Foto: zVg.
ensuite, Dezember 2010