Von Martin Sigrist — Der britische Sänger Jake Bugg wird als Inkarnation Bob Dylans durch die Medien gereicht. Das Album des 19-jährigen Buben startete in Grossbritannien direkt auf Platz eins und brachte ihm als jüngstem Musiker einen Auftritt am Glastonbury Festival. Ensuite traf ihn, dessen Karriere mit einem Song von Don Mclean in den Simpsons angefangen haben soll, vor seinem Konzert in Basel.
Jake, Du gibst sehr viele Interviews …
Heute sind es nur vier.
… und es geht meist um das Gleiche: Dein Alter, den Vergleich zu Bob Dylan, und dass Du wegen den Simpsons angefangen hättest, Musik zu machen. Was hörst Du am liebsten?
Das alles bedeutet mir nichts, denn ich lese nicht, was in der Presse über mich steht. Wenn die Leute so etwas zu mir sagen, lächle ich einfach und bedanke mich. Die Leute werden immer solche Dinge über mich sagen, trotzdem kann ich nur mich selbst sein.
Nervt es Dich?
Die Aussagen werden einfach sehr künstlich und es sind denkfaule Vergleiche. Auf der anderen Seite sind sie doch sehr positiv.
Was möchtest Du lieber über Dich hören?
Nichts. Ich schreibe einfach meine Songs und spiele meine Shows. Die Leute können sagen was sie wollen. Eine Person sagt was Gutes, eine andere was Schlechtes, das gibt einen Ausgleich.
Dein Alter ist ein ewiges Thema. Eben erst 19 geworden hättest Du selber Deine Konzerte in den USA gar nicht besuchen dürfen.
Ja, am SXSW, das war so. Die wollten meinen Ausweis sehen und mir dann den Zugang verweigern. Ich sagte zwar, dass ich in fünf Minuten auf der Bühne stehen müsse, aber das war denen egal. Ich bekam schlussendlich Einlass, wurde aber gleich nach dem Konzert wieder rausgeworfen.
Was hat Dir auf der Tour durch die USA gegenüber Europa am besten gefallen?
Jeder Staat dort ist ein eigens Land, Kalifornien war ganz angenehm. Aber ich mag die Europäer, denn die sind respektvoll, ausser die Engländer, die können grausam sein.
Was meinst Du mit respektvoll?
Gewisse Leute wollen tanzen und mitsingen, andere lieber zuhören. Das Publikum soll einfach das Konzert geniessen, denn darum geht es, nicht um mich. Es könnte auch jemand anderes da vorne stehen und die Lieder singen. Meine Person ist nicht relevant, es geht um das Publikum, das einen guten Abend haben soll.
Deine Karriere hat sehr schnell angezogen, Du wurdest aus Deiner gewohnten Umgebung gerissen.
Für mich hat die Karriere angefangen, als ich vor vielen Jahren zum ersten Mal eine Gitarre in den Händen hielt. Aber vor ungefähr zwei Jahren bin ich bekannter geworden, das ist tatsächlich schnell passiert. An diese Geschwindigkeit habe ich mich aber gewöhnt, langsamer wäre für mich komisch.
Gab es harsche Momente, als Du Deine Heimat Nottingham verlassen musstest?
Nein, denn dort hielt mich nichts. Ich hatte keine Arbeit, kein Geld, und auch meine Mutter hat keine Arbeit. Jetzt hingegen lebe ich meinen Traum und ich weiss, dass ich sehr privilegiert bin. Ich kann mir zum Beispiel ein Paar neue Schuhe kaufen, wenn ich will, das ist alles sehr neu für mich.
Hast Du den neuen perfekten Ort gefunden?
Vielleicht, aber ich bin mir noch nicht sicher. Ich sags noch nicht, denn auf dieser Welt ist alles erst passiert, wenn es passiert ist.
Wie sehr hat sich Deine Heimat verändert?
Vor allem ich habe mich verändert. Es ist komisch, an den Ort zurück zu kehren, den ich eigentlich am besten kenne, aber an dem ich so lange nicht mehr war.
Deine Musik wird oftmals mit jener Bob Dylans verglichen – besonders der Song Ballad for Mr. Jones klingt jedoch eher nach Kula Shaker.
Die habe ich mir kaum je angehört. Das muss ich nachholen, denn von der Band wird mir viel erzählt.
Du hast mit 11 Jahren angefangen, Musik zu machen. Wie hat sie sich verändert als Du plötzlich von Profis umgeben warst?
Der Produzent sollte Dir nicht sagen, was Du zu tun hast, sondern nur verbessern was Du schon machst. Ich arbeitete mit Rick Rubin, der einfach sagt, ich solle es mal so oder so versuchen. Es ist gut, in den kleinen Dingen eine zweite Meinung von aussen zu haben, denn als Schreiber kann man sehr defensiv bezüglich seiner Arbeit werden. Es soll aber immer meine Musik bleiben. Rick führt mich eher, hilft und verbessert, so dass es meine Musik bleibt.
Dein Album ist in Grossbritannien auf Platz eins eingestiegen. Du meintest, das hätte nicht passieren sollen.
Ja, das sollte es wirklich nicht, das war ein Wunder, denn ich weiss bis heute nicht, wie das möglich war. Das kann ich mir einfach nicht erklären, aber ich freue mich noch immer riesig darüber.
Wie gehst Du mit dem Druck um?
Ich liebe ihn. Wenn ich nicht mehr weiss, was ich soll, übernimmt der Instinkt – und ich liebe das. Dann macht irgendwas im Kopf «Klick», und man weiss, dass es jetzt einfach gut werden muss.
Ist es schwierig, mir Dir zu arbeiten?
Gewisse finden es wohl einfach, andere nicht. Wenn jemand mit mir jammen will, dann ist das genau mein Ding. Wenn jemand mir im Studio sagt, er habe diese Idee und ich solle das dann so und so machen, funktioniert das mit mir nicht, selbst bei guten Musikern.
Kannst Du rechthaberisch sein?
Nein, aber es ist meine Musik, und ich muss die Kontrolle behalten um mit der Musik verbunden zu sein, so dass sie ehrlich ist. Ich möchte nichts Unehrliches singen.
Du spielst heute ein Gratiskonzert, gesponsert von einer grossen Firma.
Das ist mir egal, ich weiss nicht mal welche Firma das ist. Ich werde auf jeden Fall selber keine Werbung oder was Spezielles machen. Bis eben wusste ich nichts davon. Den Leuten von der Firma schaue ich nicht in die Augen, es geht wie gesagt um die richtigen Fans.
Was bringt Dich aus der Fassung?
Vor allem neue Situationen, neue Erfahrungen, daher eigentlich alles im Leben, und darauf freue ich mich.
Foto: zVg.
ensuite, Juni/Juli 2013